Gewerbebeirieb im Umherziehen — Gewerbegerichte. 269
den vornehmen will, bedarf dazu keines Wandergewerbscheins (AVO. 8 40).
Der Gewerbebetrieb derjenigen, die innerhalb des Gemeindebezirks auf
Straßen, an öffentlichen Orten oder von Haus zu Haus Waaren an-
und verkaufen, gewerbliche Leistungen anbieten oder Waarenbestellungen
aufsuchen wollen, kann auf ortsstatutarischen Beschluß oder nach Gehör
der Gemeindebehörde durch die höhere Verwaltungsbehörde für genehmigungs-
pflichtig erklärt werden; jedoch darf sich dieser Gewerbebetrieb mit ge-
wissen Ausnahmen (Bier, Wein crc.) nicht auf die vom Wandergewerbe
ausgeschlossenen Gegenstände erstrecken. Für Kinder unter 14 Jahren
ist diese Art des Gewerbebetriebs in der Regel verboten (GO. 8§ 42a,
42b, AVO. 8 35, RGes. vom 6. August 1896 S. 685 Art. 7 und 8).
Für Preßerzeugnisse (§ 43) bedarf es diesfalls des Legitimationsscheins
(s. Presse I 2). Ueber Wanderlager s. d.
H. Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit kann bereits durch eine
einzige Handlung begründet werden, wenn besondere Umstände vorliegen,
die sie als Ausdruck einer fortgesetzten Gewerbsthätigkeit kennzeichnen
(Entsch. d. Oberlandesger, vom 10. November 1880 im SW . S. 82,
S. 195, Zeitschr. f. V. IV S. 229). — Die weiteren allgemeinen Be-
stimmungen der G. behandeln die Stellvertretung (s. d.), die Real-
concessionen (s. d.), den Marktverkehr (s. d.), die Taxen (s. d.), die
Innungen (s. d.), den Arbeiterschutz (s. d.), die Krankenversicherung (s. d.),
die gewerblichen Ortsstatute (s. d.), die Gewerbepolizeibehörden (s. d.)
und die Gewerbepolizeivergehen (s. d.). »
Gewerbebetrieb im Umherziehen, s. Wandergewerbe.
Gewerbegehülfen, s. Arbeiterschutz. , », «
Gewerbegerichte. Zur Entscheidung von gewerblichen Streitigkeiten zwischen
Arbeitern und Arbeitgebern sowie zwischen Arbeitern desselben Arbeit-
gebers können durch Ortsstatut (s. d. I.) G. nach Maaßgabe des RGes.
vom 29. Juli 1890 S. 141 und A#. vom 25. October 1890 S. 159
errichtet werden. Ihre
1) Zuständigkeit umfaßt in der Regel die Streitigkeiten über Antritt,
Fortsetzung und Auflösung des Arbeitsverhältnisses, über Leistungen aus
demselben, Berechnung und Anrechnung der Krankenversicherungsbeiträge
der Arbeiter, Streitigkeiten zwischen Arbeitern desselben Arbeitgebers
über gemeinsame Gedingarbeit; sie leidet auch auf Hausindustrielle Anwen-
dung. In dieser Eigenschaft verhandelt das G. unter Ausschluß des
Rechtswegs in der Besetzung mit 3 Mitgliedern im Wesentlichen nach
den Vorschriften des Amtsgerichtsverfahrens. Das G. besteht aus 4 je
zur Hälfte von Arbeitern und Arbeitgebern aus ihrer Mitte gewählten
Beisitzern und einem Vorsitzenden, der weder Arbeiter noch Arbeitgeber
sein darf und von der Gemeindevertretung bez. vom Bezirksverbande
gewählt wird. Berufungs= und Beschwerdeinstanz ist das Landgericht.
Auch für die Zwangsvollstreckung gelten im Wesentlichen die eivilpro-
cessualen Vorschriften (RGes. §8§ 1—60, 76—84, A##. vom 25. October
1890 §8 1—3). Wird der Amtshauptmann zum Vorsitzenden des für
den Bezirksverband errichteten G. gewählt, so steht dem G. die Benutzung
der Verhandlungsräume, des Personals und Schreibmaterials der Amts-