Armenanstalten — Armenbehörden. 37
In einfachen Heimathsbezirken geschieht dies nach den Grundsätzen über
Gemeindeanlagen. In zusammengesetzten Heimathsbezirken ist eine ander—
weite Regelung zunächst der freien Vereinbarung zu überlassen, die aber
obrigkeitlicher Genehmigung bedarf. Kommt es zur anderweiten Regelung
nicht, so ist die Anlage zur Hälfte nach Grundsteuereinheiten, zur Hälfte
nach der Zahl der zu Entrichtung directer Staatssteueru verpflichteten
Köpfe auszuwerfen, den einzelnen Bestandtheilen des Heimathsbezirkes
aber zu überlassen, ihr Antheil nach dem bei ihnen geltenden Gemeinde-
anlagenfuße zu erheben (Ges. vom 5. Mai 1868 S. 275 §8 3—10,
wodurch sich §§ 19, 20 der Armenordnung vom 22. October 1840 S. 257
erledigt). Die Bewohner eines selbstständigen Gutsbezirks (s. d. II8) sind
zu den A. der Gemeinde nicht heranzuziehen, sondern bei Auswerfung
des Antheils der Gutsherrschaft zu berücksichtigen, der überlassen bleiben
muß, ihre Gutsangehörigen im Wege privater Abmachung (nicht öffent-
lich rechtlichen Regulativs) zu betheiligen. Die Zuziehung zu A. ist nur
bei mehr als dreimatigem Aufenthalte zulässig (RGes. vom 1. November
1867 S. 55 8§8 8, 9, soweit nicht durch Ges. vom 23. März 1880 S. 47
§ 11 erledigt). Grundstücksbesitzer, die ihren wesentlichen Aufenthalt außer-
halb des Heimathsbezirks haben, können nur nach Maaßgabe des Grund-
besitzes herbeigezogen werden (obiges Ges. von 1868 § 10). Die zwangs-
weise Beitreibung erfolgt nach den Vorschriften über Zwangsvollstreckung
(s. d.) in Verwaltungssachen.
Armenanstalten, s. Armenhäuser.
Armenansschuß, s. Armendeputation.
Armenbegräbniß. Die Begräbnißregulative (s. d.) haben für Arme eine
gewisse Form der Leichenbestattung als A. festzusetzen (VO. vom
12. Juli 1838 S. 390 Pct. 3). Geistliche Gebühren sind beim A.
nicht zu entrichten; den unentbehrlichen Begräbnißaufwand trägt die
Armencasse (Armenordnung vom 22. October 1840 S. 287 § 36).
Auch nach § 8 des RGes. vom 6. Juni 1870 S. 360 gilt das A. als
Armenunterstützung (s. d.), die Kosten desselben sind daher von einem
Armenverbande dem andern auch dann zu erstatten, wenn der Beerdigte bei
Lebzeiten nicht hilfsbedürftig war (Centr.-B. 1873 S. 358). Das Gleiche
gilt von dem Beerdigungsaufwande für polizeilich Aufgehobene (s. Auf-
hebung 4), während der Beerdigungsaufwand für Polizeigefangene als
Polizeiaufwand zu betrachten ist (s. Gerichtsgefängniß II 2). Die Sätze,
welche die Erstattungsforderung eines Armenverbandes an den andern
nicht übersteigen dürfen, sind in Gemäßheit von § 30; obigen RGes.
durch § 5 der VO. vom 15. Juni 1876 S. 268 für Personen über
14 Jahre auf 15 / für andere auf 9./ festgesetzt worden.
Armenbehörden und Organe der Armenverwaltung. I. Die Leitung und
Besorgung des Armenwesens gebührt in Städten RSt O. den Stadträthen,
und unter ihnen den Armendeputationen (s. d.), in den übrigen Gemein-
den den Bürgermeistern bez. Gemeindevorständen unter Mitwirkung der
Angehörigen des Heimathbezirks (Armenordnung vom 22. October 1840
S. 257 § 73, § 74, § 75, § 78, Ges. vom 5. Mai 1868 S. 275
§ 14, kl. St O. Art. IV § 12e RL. § 74e). Zu diesem Zwecke