Full text: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

60 Auswanderung. 
2) Mit Rücksicht insbesondere auf die Militärpflicht ist bei der 
Entlassung Folgendes zu beachten: 
a) Wehrpflichtigen im Alter vom 17. bis zum vollendeten 25. Jahre 
ist die Entlassung zu gewähren, wenn sie ein Zeugniß der Ersatzcom— 
mission beibringen, daß sie die Entlassung „nicht blos in der Absicht“ 
nachsuchen, um sich der Dienstpflicht zu entziehen. Bei Meinungsver— 
schiedenheit der Commissionsmitglieder entfcheidet die Oberersatzcommission 
(RGes. vom 1. Juni 1870 S. 355 8 15, Pet. 1, Wehrordnung von 
1888 S. 619 § 27). Wehrpflichtige, die in obiger Absicht ohne Er- 
laubniß entweder das Reichsgebiet verlassen oder nach erreichtem militär- 
pflichtigem Alter sich außerhalb des Reichsgebietes aufhalten, werden nach 
§ 140, 1, des St GB. bestraft. Liegt die Frage, ob der Betreffende 
noch Reichsangehöriger sei, nicht ganz klar, so ist die Entscheidung der 
Kreishauptmannschaft einzuholen (MVO. vom 16. September 1874). 
Für Beurtheilung der Frage, ob das 17. Lebensjahr erreicht ist, ist der 
Zeitpunct maßgebend, wo das entscheidungsreife Entlassungsgesuch bei 
der Kreishauptmannschaft eingeht (Zuschrift des Reichskanzlers vom 
20. Januar 1883, MVO. vom 30. Januar 1883 im SW . S. 49 
und in der Zeitschr. f. V. IV S. 188). Anträge auf Erörterungen über 
im Auslande lebende Militärabsenten sind durch die Oberersatzcommission 
beim Kriegsministerium anzubringen (MVO. vom 14. September 1883 
in der Zeitschr. f. V. V S. 73). Sind Diejenigen, gegen die nach 
§ 140 StGB. eingeschritten werden soll, naturalisirte Angehörige der 
Vereinigten Staaten von Nordamerika geworden, so soll thunlichst ver- 
mieden werden, ihnen zum Zwecke der Erörterungen ihren Bürgerbrief 
und Paß abzunehmen (MVO. vom 23. März 1876 in d. Zeitschr. f. R. 
43 S. 474). 
b) Activen Militärpersonen wird die Entlassung überhaupt nicht er- 
theilt (RGes. vom 1. Juni 1870 S. 355 § 15, Pct. 2, Wehrordnung 
von 1888 S. 619 § 1102). Unerlaubte A. wird diesfalls nach § 69 
des AMilitärstrafgesetzbuchs vom 20. Juni 1872 S. 174 bestraft. 
Mannschaften, die nach 2 jähriger activer Dienstzeit entlassen sind, kann 
im ersten Jahre die Erlaubniß zur A. verweigert werden (RGes. vom 
3. August 1893 S. 233 § 2). 
Zc) Officiere und Sanitätsofficiere der Reserve und Landwehr 1. Auf- 
gebots dürfen bei Strafe bis zu 3000 Geld oder Gefängniß bis zu 
6 Monaten nur mit Genehmigung der Militärbehörde auswandern (Wehr- 
ordnung § 111 Pct. 7 u. 8). 
4) Officiere und Sanitätsofficiere der Landwehr 2. Aufgebots haben 
die Auswanderungsabsicht dem Bezirkscommando bei Strafe von Geld 
bis zu 150 oder Haft anzuzeigen und dürfen vor Bewilligung ihres 
Abschieds nicht auswandern (Wehrordnung § 111 Pct. 7 und 8). 
e) Vorläufig in die Heimath beurlaubte Recruten, zur Disposition der 
Ersatzbehörden Entlassene oder zur Disposition der Truppentheile be- 
urlaubte Mannschaften bedürfen zur A. der Genehmigung der Militär- 
behörde (Wehrordnung § 111 Pct. 7). 
f) Mannschaften der Reserve, Landwehr 1. Aufgebots und Ersatz=
	        
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