Full text: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

Auswanderung. 61 
reservisten dürfen bei Bestrafung nach § 360 des St G. nur auswan- 
dern, wenn das Bezirkscommando bescheinigt hat, daß der A. eine Ein- 
berufung nicht entgegen sieht (Wehrordnung § 16 a und d). 
8) Mannschaften der Landwehr 2. Aufgebots bedürfen zur A. keiner 
Erlaubniß. Bei Vermeidung der Bestrafung gemäß 8 360 des StGB. 
haben sie vorher eine Anzeige an die Controlbehörde zu erstatten (Wehr- 
ordnung § 16b undd). 
h) Auch Militärbeamte dürfen vor der Dienstentlassung nicht aus 
wandern (RGes. vom 1. Juni 1870 § 152 Pct. 2). 
i) Bei Krieg oder Kriegsgefahr kann durch kaiserliche VO. die Er- 
laubnißertheilung zur A. an Wehrpflichtige untersagt werden. Unerlaubte 
A. wird diesfalls nach § 140 des St GB. bestraft (Wehrordnung § 27 
Pct. 5 u. 6). 
k) Besondere Bestimmungen gelten über die Wehrpflicht der nach er- 
folgter A. Zurückkehrenden nach § 21 Pct. 2 und 3 der Wehrordnung 
(s. unten II). 
1) Verfahren: In den Fällen a, c, d, t, g und i findet in Ab— 
wesenheit des Angeklagten Hauptverhandlung nach §§ 470—476 St PO. 
statt. Die Erhebung der Anklage erfolgt auf Grund eines von der Con- 
trolbehörde auszustellenden Zeugnisses. Dasselbe lautet im Falle a da- 
hin, daß sich der Wehrpflichtige zu den angeordneten Revisionen nicht 
gestellt, sein Aufenthalt im Reich nicht ermittelt worden, und daß sich 
der angestellten Erörterungen ungeachtet keine Umstände ergeben haben, 
welche die Annahme ausschließen, daß der Wehrpflichtige, um sich dem 
Eintritt in den Dienst zu entziehen, ohne Erlaubniß entweder das Reichs- 
gebiet verlassen habe, oder nach erreichtem militärpflichtigem Alter im 
Auslande geblieben sei (St PO. 8§ 4722 und die weiteren Formeln für 
die Fälle c. d, f. g in 8 4723, für den Fall 1 (Ersatzreserve) in § 4724, 
für den Fall i in § 4725). Die zur Zeugnißausstellung zuständige Be- 
hörde ist in den Fällen c, d, f, g der Landwehrbezirkscommandeur, in 
den übrigen Fällen der Civilvorsitzende der Ersatzcommission (Wehrord- 
nung § 111 Pct. 17, Erlaß vom 23. Februar 1880 im SW. S. 54), 
Hat der Abwesende seinen Aufenthalt niemals in Deutschland gehabt, 
so bestimmt das Reichsgericht das zur Aburtheilung zuständige Gericht 
(Beschl. des Oberlandesger, vom 2. Juli 1885 in der Zeitschr. f. V. 
VII S. 279). Von Vermögenserwerb oder Rückkehr der Abwesenden 
sind die Ersatz= und Controlbehörden durch die Polizeibehörde zu benach- 
richtigen (VO. vom 25. November 1885 S. 140 A IV). 
II. Der Verlust der Staatsangehörigkeit tritt ferner ein durch un- 
unterbrochenen 10jährigen Aufenthalt im Auslande und erstreckt 
sich diesfalls zugleich auf die Ehefrau und die unter väterlicher Gewalt 
stehenden minderjährigen Kinder, soweit sie sich bei dem Vater bez. 
Ehemanne aufhalten (RGes. vom 1. Juni 1870 S. 355 §8§ 133, 21), 
während für die nicht beim Vater lebenden Kinder die Verlustfrist erst 
von erreichter Volljährigkeit ab läuft (s. MO. vom 21. September 
1881, auch die württembergische Entscheidung im SW B. von 1882 
S. 213 und in der Zeitschr. f. V. IV S. 91, dagegen Entsch. des
	        
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