Verwaltungsstrafsachen. 663
Staatsanwaltschaft kann, wenn von der auf alle Fälle abzuhaltenden
Hauptverhandlung Freisprechung sicher zu erwarten steht, der Polizeibe-
hörde die Zurücknahme der Strafverfügung zur Erwägung stellen (M.
vom 21. Juli 1882 im JMB. S. 32). Recurs oder Beschwerde an
die vorgesetzte Verwaltungsbehörde ist unzulässig, jedoch können von Haus
aus nichtige Strafverfügungen nach wie vor Ablauf der Berufungsfrist
Oberaufsichtswegen wieder ausgehoben werden (Ges. § 5, MVO. vom
4. April 1877 im SW B. S. 136 und in der Zeitschr. f. R. 44 S. 283).
Vor Eintritt der Rechtskraft soll dies nur ausnahmsweise geschehen
(MVO. vom 26. Juni 1894 in der Zeitschr. f. V. XVI S. 59). Wird
nur einem Theile der Strafverfügung widersprochen, so tritt sie ihrem
ganzen Umfang nach außer Kraft. Als Widerspruch gilt jede Aeußerung
des Angeklagten, durch die er zu erkennen giebt, daß er sich bei der
Strafverfügung nicht beruhigen will. Vor Entschließung über Gnaden-
gesuche (s. d.) wird daher zuvörderst Unterwerfungserklärung erfordert.
Rücknahme der letzteren ist während der Widerspruchsfrist zulässig (Ges.
§ 3, AVO. 8§ 6). Gegen Versäumniß der Widerspruchsfrist ist Wieder-
einsetzung (s. d.) nachgelassen.
4) Erachtet die Verwaltungsbehörde den Fall weder für straflos noch
zum Erlasse einer Strafverfügung angethan, so hat sie die Sache ohne
Weiteres an die Staatsanwaltschaft abzugeben (A#O. § 2).
Die Amtshauptmannschaften sind, mit gewissen Beschränkungen, ermächtigt,
bei Bestrafung von Vagabonden und vagabondirenden Bettlern von dieser
Abgabe ein für allemal Gebrauch zu machen (s. Armenpolizei II 3a).
Im Uebrigen sind die Verwaltungsbehörden durch obige Bestimmung der
Prüfung der Frage, ob überhaupt ein Verdacht vorliegt, nicht überhoben
(Z8 B. von 1875 S. 58). Sofortige Abgabe kann u. A. dann erfolgen,
wenn sich die Erörterungen nicht durch Befragung des Angeschuldigten
über sein Vorleben, Geständniß der Vorbestrafungen, Actenherbeiziehung
oder sonst in kürzester Frist erledigen lassen (MVO. vom 29. December
1874 in der Zeitschr. f. N. 41 S. 478). Erhebt die Staatsanwaltschaft
in einer ohne Weiteres an sie abgegebenen Sache keine Anklage, so hat
sie hiervon die Verwaltungsbehörde zu benachrichtigen. Die letztere kann
diesfalls, wie auch sonst wegen Behandlung der an die Staatsanwalt-
schaft abgegebenen Sachen, dienstliche Anweisung des Staatsanwalts bei
dessen Vorgesetzten beantragen (AVO. 8 71 und 2). Gelangt eine Sache,
in welcher der Erlaß von Strafverfügung zulässig gewesen wäre, in an-
drer Weise, als durch Abgabe Seitens der Verwaltungsbehörde, an die
Staatsanwaltschaft, so ist sie von ihr, außer bei Haftbefehl, freiwilliger
Gestellung des Angeschuldigten oder Verbindung mit einer andern Straf-
sache, zuvörderst an die Verwaltungsbehörde zur Entschließung abzugeben
(A#O. 8S 119.
5) Ueber den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens (StP.
88 456 - 468) hat die Staatsanwaltschaft der Verwaltungsbehörde Mit-
theilung zu machen und, wenn geringere Strafe oder Freisprechung er-
kannt worden ist, zu bemerken, ob sie ein Rechtsmittel einwenden oder
weshalb sie dies unterlassen wolle (AVO. 88 10, 11, MVO. vom