706 Zwangsenteignung.
sondern erstreckt sich auch auf zwangsweise Beitreibung der letzteren (SWB.
von 1875 S. 171). Sie ist im Zweifel in baarem Gelde zu leisten
(MVO. vom 30. December 1878 im SWB. von 1879 S. 50) und
bis zur Auszahlung oder Hinterlegung zu verzinsen. Ist die Hinter-
legung nicht durch Widersprüche Dritter (s. Oblastenvertheilung IV 1)
veranlaßt, sondern nur erfolgt, um schneller in den Besitz des Areals zu
gelangen, so unterbricht sie die Verpflichtung zur Verzinsung der Ent-
schädigungssumme nicht (MVO. vom 29. August 1877 im SW B. von
1879 S. 49). Eine Ausschließungsfrist für Geltendmachung von Ent-
schädigungsansprüchen besteht nicht. Sie ist daher auch nach dem Be-
rainungstermine noch zulässig (MVO. vom 26. Juli 1881 im SW.
S. 158). Recurs gegen die Entschädigungstabellen ist nur dann zu-
lässig, wenn diese von der Amtshauptmannschaft ausdrücklich als ihre
Entschließung hingestellt worden sind (MVO. vom 2. September 1880
in der Zeitschr. f. V. I S. 346). Im Einzelnen ist noch zu bemerken:
1) Der Enteignungstermin ist ebenso wie der Berainungstermin
unter Zuziehung sämmtlicher von der Z. betroffenen Grundstücksbesitzer,
des Bahnunternehmers und der Sachverständigen dergestalt abzuhalten,
daß ortschaftenweise vorgegangen und hierbei mit derjenigen Ortschaft
begonnen wird, an der die Bahn in den Bezirk eintritt (AVO. vom
3. Juli 1835 S. 374 §§ 1—5). Kommen Staatsforsten in Frage, so
ist zur Verhandlung der Oberforstmeister zuzuziehen (ZKB. von 1873
S. 1). Der Staat wird als Bahnunternehmer durch die Generaldirection
der Staatseisenbahnen vertreten (Bek. vom 15. October 1879 S. 392).
2) Wenn der Eisenbahnunternehmer einzelne unbedeutende Flurstücke,
die durch die Bahnlinie von andern Grundstücken desselben Besitzers ab-
geschnitten werden und infolge dessen künftig gar nicht oder nur mit un-
verhältnißmäßigem Kostenaufwande bewirthschaftet werden können, sog.
un wirthschaftliche Spitzen, käuflich erwirbt, so sollen obige Grund-
sätze über die Form des Eigenthumsübergangs, Oblastenvertheilung und
Wahrung der Rechte dritter Personen zwar ebenfalls in Anwendung
kommen, ein Enteignungszwang jedoch nicht stattfinden (AVO. vom
3. Juli 1835 S. 374 § 9. VO. vom 14. März 1836 S. 72 Pct. 1
und S#WB. von 1875 S. 183)9.
III. Entschädigungsgrundsätze. Oberster Grundsatz ist, daß den
Grundeigenthümern vollständige Entschädigung zu gewähren ist. Die
Enteignung hat sich daher nicht nur auf den Werth des Grund und
Bodens und der darauf befindlichen Gebäude, sondern auch auf alle
sonstigen Schäden, auch die während des Bahnbaues vorübergehend er-
wachsenen, bei Feldern, Wiesen und Wäldern auch auf die Frucht= und
Zuwachsentschädigung zu erstrecken, letzteren Falls vorbehältlich des dem
Eigenthümer zustehenden Rechts, Früchte und Holz selbst zu räumen und
für sich zu behalten (AVO. vom 3. Juli 1835 S. 374 §§ 7—13).
Jedoch erstreckt sich die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde
1) nur auf solche Schäden ansprüche, die den von der Z. betroffe-
nen Grundstücksbesitzern erwachsen. Unter Grundstück ist dabei jeder im
Zusammenhang stehende Grundbesitz des nämlichen Eigenthümers zu ver-