710 Zwangsenteignung.
anzusehen. Die Verpflichtung der Anlieger hierzu und zur Straßen-
verbreiterung den Boden unentgeltlich abzutreten, ist daher weggefallen
(VO. vom 4. Januar 1820 S. 5). Bei Verwandlung von Privat-
wegen in öffentliche kann die Entschädigungsverbindlichkeit sich nur
auf den Boden beschränken, der zu Verbreiterung oder Verlegung des
— an einzelnen Punkten erforderlich wird (MVO. vom 31. Januar
1840).
II. Auf nicht staatliche öffentliche Wege
1) außerhalb bewohnter Ortschaften leiden die Enteignungs-
bestimmungen für Staatsstraßen (oben B I) mit Ausnahme der zu B
1 2 erwähnten MVO. vom 30. October 1876, sowie mit Ausnahme
des über die Mitwirkung des Finanzministeriums, der Bauverwalter und
Forstrentbeamten Gesagten ebenfalls Anwendung. Einer besonderen Er-
mächtigung zur Z. durch die Oberbehörde bedarf es nicht, nur hat der
Bezirksausschuß über die Nothwendigkeit der Anlegung neuer öffentlicher
Wege Entschließung zu fassen (Ges. vom 21. April 1873 S. 275 § 11.).
Die Zuständigkeit der Gemeindebehörden (Bürgermeister kl. St O., Ge-
meindevorstände) in Wegebausachen erstreckt sich auf Enteignungsange-
legenheiten nicht (A#VO. vom 22. August 1874 S. 125 8§ 8). Invwie-
weit in Folge Neu= oder Umbaus von Gebäuden die Bauenden zu un-
entgeltlichen Beitragsleistungen heranzuziehen seien, richtet sich nach den
Enteignungsbestimmungen für den Wegebau.
2) Innerhalb bewohnter Ortschaften ist es zulässig,
a) im Wege der Ortsbauordnung (s. d.) Enteignungsbestimmungen
zu Anlegung, Durchführung, Verbreiterung, Gradlegung oder Fortsetzung
der für den inneren Ortsverkehr bestimmten Straßen, Brücken und Plätze
unter der Voraussetzung eines dringenden Ortsbedürfnisses zu treffen.
Derartige Ortsbauordnungen gelten als Ortsstatut, wenn sie von der Ge-
meindevertretung unter Zustimmung der Gemeindeobrigkeit errichtet und
von dem Ministerium des Innern genehmigt worden sind. Sind Enteig-
nungsbestimmungen in Ortsbauordnungen enthalten, die nur von den vor-
maligen Kreisdirectionen genehmigt wurden, so haben sie unbeschadet der
ortsbauordnungsmäßigen Bestimmungen keine Geltung, so lange sie nicht
nachträglich vom Ministerium des Innern genehmigt werden. Eine jede
auf der Ortsbauordnung beruhende Z. bedarf im einzelnen Falle noch
der Zustimmung der Gemeindevertretung (in Städten RSt. der Stadt-
verordneten) und der ministeriellen Genehmigung. Verweigern die Stadt-
verordneten ihre Zustimmung, so leidet nicht 8 112gg, sondern § 134
der St O. Anwendung. Auf das Enteignungsverfahren erstreckt sich die
Zuständigkeit der Gemeindebehörden in Wegebausachen auch in diesen
Fällen nicht. Die Bezirksausschüsse sind bei Errichtung auch derartiger
Ortsbauordnungen zu hören (Ges. vom 11. Juni 1868 S. 331 §§ 1
bis 12, VO. vom 27. Februar 1869 S. 51 § 33, VO. vom 27. April
1870 S. 134, AVO. vom 22. August 1874 S. 125 § 8, MO. vom
22. November 1876 im SWB. S. 221, MVO. vom 23. April 1884,
19. Juni 1885 und 8. Januar 1890 in der Zeitschr. f. V. V S. 278,
VIII S. 327 und XI S. 145 Pct. 5). S. auch Wegebaupflicht B.