Full text: Die Teilung der Militärgewalt im Deutschen Bundesstaat.

26 Der Inhaber der Militärgewalt. 
Bundesrat von seiner Beschlußkompetenz keinen Gebrauch macht, steht 
den Einzelstaaten sogar ein materielles Ausführungsverordnungs- 
recht zu; denn das Beschlußrecht des Bundesrates ist kein aus- 
schließliches.! 
So beschaffen ist der Inhaber der Ausführungsverordnungs- 
gewalt aber nur unter der Voraussetzung, daß nicht durch Reichs- 
gesetz etwas anderes bestimmt ist. a 7, I.2 besagt, daß durch Reichs- 
gesetz etwas anderes bezüglich des Inhabers des Verordnungsrechtes 
bestimmt werden kann, und so ist auch tatsächlich durch verschiedene 
Reichsgesetze die Ausführungsverordnungsgewalt den Einzelstaaten und 
dem Bundesrate genommen und dem Kaiser übertragen worden.? Die 
kaiserlichen Ausführungsverordnungen ergehen direkt und unmittelbar; 
sie werden vom Reichskanzler gegengezeichnet und im Zentralblatt des 
Deutschen Reiches veröffentlicht. 
b) Betreffs der Verwaltungsverordnungen praeter legem, welche 
Materien regeln, die nicht durch Gesetz geregelt sind, ist keine all- 
gemeine Bestimmung in der Verfassung enthalten. 
Man behauptet nun, daß dem Kaiser das Recht, Armeever- 
ordnungen praeter legem zu erlassen, zustehe. Man stützt diese 
Behauptung einmal auf a 63.1, nach welcher Bestimmung das deutsche 
Heer unter dem Befehl des Kaisers steht, und sagt, das Wort „Be- 
fehl“ sei hier im weitesten Sinne gebraucht; es bedeute ganz allgemein 
Befehlsgewalt und umfasse nicht nur die eigentliche Befehlsgewalt, 
sondern auch die Verordnungsgewalt s, insbesondere das militärische 
Verordnungsrecht praeter legem. Nun werden aber dem Kaiser 
einzelne Verordnungsrechte in den Absätzen 3 und 4 desselben Artikels 
besonders zugewiesen. Diese Bestimmungen würden, wenn obige Aus- 
legung des a 63. richtig wäre und dem Kaiser ein allgemeines Ver- 
ordnungsrecht zustände, mindestens völlig überflüssig sein, eine bloße 
Widerholung bedeuten. Da eine solche durch nichts gerechtfertigt wird, 
ist es unmöglich, dem Worte „Befehl“ in a 63.1 jenen umfassenden 
Sinn zu geben und ein allgemeines kaiserliches Verordnungsrecht aus 
!1 So Hänel 291. 
2 Z. B. hat der Kaiser durch § 71 des Reichsmilitärgesetzes das Ausführungs- 
verordnungsrecht erhalten und hat in dessen Ausübung die deutsche Wehrordnung 
erlassen. Vgl. die Militärgesetze des Deutschen Reiches, 1. Aufl., 1. Bd. II, S. 2. 
2 Vgl. Hänel 518.
	        
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