30 Der Inhaber der Militärgewalt.
Armeekorps bilden, keine Vereinfachung, sondern im Gegenteil eine
Komplizierung bedeutet. Direkte Mitteilung von Regierung zu Regie-
rung ist hier der kürzeste Weg. Und dieser ist den Staaten vor-
behalten worden dadurch, daß bei Durchberatung des Verfassungs-
entwurfes in à 63.5 die Worte: „in geeigneter Weise“ eingeschoben
worden sind. Diese Worte ermöglichen es, daß die preußischen Ver-
ordnungen vom Bundesratsausschuß den Regierungen der Einzelstaaten
mit selbständiger Militärverwaltung direkt mitgeteilt werden. Dadurch,
daß dann diese durch Publizierung der Verordnung dieselbe zur Kenntnis
ihrer Kommandeure bringen, wird die Verordnung auch hier den
Kommandeuren mitgeteilt, und zwar „in geeigneter Weise“, d. h. durch
die Hand ihrer Kontingentsherrn.
So legen wir a 63.5 an der Hand seiner Entsehungegeschicht
aus. Derselbe bezweckt die inhaltliche Übereinstimmung der im deutschen
Heere zu erlassenden Verwaltungsverordnungen bei gleichzeitiger Bei-
behaltung des landesherrlichen Verordnungsrechtes; und er sucht diesen
seinen Zweck durch eine besonders gestaltete Einführung der preußischen
Verordnungen in den nichtpreußischen Kontingenten zu erreichen. Es
sollen die preußischen Verordnungen vom Bundesratsausschuß den einzel-
staatlichen Regierungen bzw. den Korpskommandeureu mitgeteilt werden,
um von diesen im Namen der betreffenden Landesherrn nachverordnet
zu werden. Danach haben nach a 63.5 die Landesherrn und nicht der
Kaiser ein Verordnungsrecht. Das beweisen auch die Worte: „Behufs
Erhaltung der unentbehrlichen Einheit.“ Würde dem Kaiser ein all-
gemeines Verordnungsrecht zustehen, so wäre eine Gefährdung der
Einheit überhaupt nicht denkbar. Indem a 63.85 mit einer Gefährdung
rechnet, setzt es ein landesherrliches Verordnungsrecht voraus. Dieses
landesherrliche Verordnungsrecht zu beschränken, ist gerade der eigent-
liche Sinn des a 63.8, der allein Preußen? ein volles unbeschränktes
Verordmungsrecht beläßt, den übrigen Staaten aber ein bloß formelles
Verordnungsrecht gewährt. Dasselbe ist inhaltlich beschränkt; die
Staaten dürfen nur verordnen, was Preußen vor ihnen verordnet hat.
Eine besondere Eigentümlichkeit besteht nun für a 63.8 darin,
daß die von ihm festgesetzte Form der Einführung der preußischen Ver-
1 So zuerst Hecker 64.
2 Neben Preußen hat allerdings noch Bayern auf Grund seiner Militär-
konvention ein selbständiges und inhaltlich unbeschränktes Verordnungsrecht behalten.