Full text: Die Teilung der Militärgewalt im Deutschen Bundesstaat.

Einfluß d. bundesstaatl. Verfassung des Deutschen Reiches auf d. Militärgewalt. 3 
richtet ist, und die endlich in der Gründung des Deutschen Reiches 
ihre vorläufige Vollendung findet; allerdings ohne die Einzelgewalt 
beseitigt und ohne sich zur Staatsgewalt eines Einheitsstaates, die 
keine andere Gewalt neben sich kennt, ausgewachsen zu haben. — So 
stehen sich jetzt im Deutschen Reiche zwei Gewalten gegenüber, die 
Reichsgewalt und die Einzelstaatsgewalt der verschiedenen Einzelstaaten. 
Beiden Gewalten sind durch die Verfassung bestimmte Besugnisse 
zugewiesen worden; sie sind also bezüglich ihrer Kompetenzen scharf 
voneinander abgegrenzt und jede übt nur die ihr bestimmten Funktionen 
aus. Trotzdem stehen beide Gewalten einander nicht fremd gegenüber. 
Die von ihnen geübten Funktionen sind die Funktionen einer dritten 
Staatsgewalt, der Staatsgewalt der Staatengemeinschaft im deutschen 
Bundesstaat. Indem sie dieselben, einander ergänzend, erfüllen, bilden 
sie zusammen eine Einheit, eben die Staatsgewalt des deutschen Bundes- 
staates. Die Staatsgewalt im Deutschen Reiche setzt sich also aus 
zwei Gewalten zusammen, die aber einheitlich, d. h. einander er- 
gänzend, ihre Funktionen ausüben. In diesem Sinne spricht man 
einerseits von der realen Teilung, andererseits von der idealen Einheit 
der Staatsgewalt im Deutschen Reiche (vogl. Hänel). 
Die Verteilung der Befugnisse unter die beiden Gewalten 
ist nach politischen Gesichtspunkten erfolgt und ist bezüglich der einzelnen 
Staatsgewaltgebiete ganz verschieden. Sie kann so sein, daß bezüglich 
eines Gewaltgebietes alle staatsgewaltlichen Befugnisse, also sowohl 
die Gesetzgebungs= wie auch die Vollziehungsbefugnisse, einer der beiden 
Gewalten, entweder der Reichsgewalt oder der Einzelstaatsgewalt, zu- 
gewiesen sind; sie kann aber auch so sein, daß die beiden Gewalten 
sich in ein Gewaltgebiet teilen. Letztere Teilung könnte so vorgenommen 
sein, daß beiden Gewalten ein Teil der Gesetzgebungs= und ebenso ein 
Teil der Vollziehungsbefugnisse zustände; oder so, daß der einen Gewalt 
entweder die ganze Gesetzgebung oder die ganze Vollziehung, oder nur 
ein Teil der Gesetzgebung oder Vollziehung, der anderen Gewalt jedes- 
mal der Rest der Gewaltbefugnisse obläge; faktisch ist aber die Gesetz- 
gebung stets der Reichsgewalt und die Vollziehung der Einzelstaats- 
gewalt zugeteilt; nur ausnahmsweise hat das Reich neben Gesetzgebungs- 
auch noch höchste Vollziehungsbefugnisse. , 
Was das Verhältnis der beiden Gewalten zueinander betrisst, 
so ist es bezüglich der einzelnen Gewaltgebiete, je nach der Kompetenz- 
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