XII
andererseits mit der Sprech= und Ausdrucksweise des
Volkes. Manches genügte den von dieser Seite ge-
stellten Ansprüchen, mußte aber wieder deshalb aus-
geschlossen werden, weil es als die Schöpfung eines
bestimmten namhaften Verfassers bekannt war. So
begegnen einem allenthalben z. B. Hauff's „Steh ich
in finstrer Mitternacht", Uhland's „Ich hatt' einen
Kameraden“. Wissentlich ist dieser Gesichtspunkt nur
ein einziges Mal vernachlässigt worden, bei dem
unter der Ueberschrift „die böse Liebe“ angeführten
Liede (S. 106); es sollte wegen seiner derb volks-
mäßigen Fassung und weil es wenig bekannt zu sein
scheint, nicht unterdrückt werden. — Ein drittes
Princip zur Feststellung dessen, was als echt volks-
thümlich anzusehen sei, kann nur der anwenden, der
direkt aus dem Volksmund sammelt, wie es hier
vorwiegend geschehen ist?): Es ist das Princip volks-
thümlicher Verbreitung. Durch diese Betrachtungs-
*) Geschriebenen Liederbüchern verdanke ich außer
den beiden Napoleonsliedern (S. 3 f.) fast gar nichts;
doch auch für diese kann ich ein ehemaliges Lebendigsein
im Volksmunde verbürgen: mein Gewährsmann konnte
sie beinah noch auswendig, doch ganz reichte sein Gedächtniß
nicht mehr aus, und so war es ein glücklicher Umstand,
daß er sie früher selbst aufgeschrieben hatte.