Full text: Das Verordnungsrecht der Kommandierenden Generale und Festungskommandanten.

28 C. Verordnungsrecht der komm. Generale auf Grund des 8 4. 
nachdem, ob man den Inhalt der betreffenden Staatsakte oder 
die zu ihrer Dornahme zuständigen Organe ins uge faßt. Dem- 
entsprechend hat man bei der vollziehenden Gewalt einen materi- 
ellen und einen formellen Begriff zu unterscheiden 14). 
Was zunächst den Begriff der vollziehenden Gewalt im materi- 
ellen Sinne anbetrifft, so kann man diesen rein negativ dahin 
definieren, daß vollziehende Gewalt im materiellen oder ob- 
jektiven Sinne das große Stück Staatsgewalt ist, das sich nicht als 
Gesetzgebung oder Rechtsprechung darstellt. Um eine positive 
Definition des Begriffs der vollziehenden Gewalt im materiellen 
Sinne zu gewinnen, muß man also vorerst feststellen, was unter 
Gesetzgebung und Rechtsprechung im materiellen Sinne zu ver- 
stehen ist. ls Gesetzgebung kommt materiell alle diejenige Staats- 
tätigkeit in Frage, die auf die Schaffung abstrakter Rechtsnormen 
gerichtet ist. Rechtsprechung im materiellen Sinne ist dem- 
gegenüber die Entscheidung konkreter Streitfälle nach Maßgabe 
objektiver Rechtsnormen in einem zwischen zwei gegenüber- 
stehenden Darteien schwebenden, geordneten Derfahren 15). Es 
kann aber nicht allein Kufgabe des Staates sein, Gesetze zu ge-ben 
und Recht zu sprechen. Dielmehr muß der Staat zwecks Er- 
füllung seiner Kufgaben notgedrungen handelnd auftreten. 
Die Gesetze müssen vollzogen, die Urteile vollstreckt werden. 
Demgemäß besteht das Wesen der vollziehenden Gewalt im 
Gegensatz zu dem der Gesetzgebung und Rechtsprechung im staat- 
lichen Dandeln überhaupt. Man hat mithin den Begriff der 
vollziehenden Gewalt in der preußischen Derfassung materiell 
14) Siehe Hubrich, Dr. Staatsr. S. 114, Gesetz= und Derordnungs- 
begriff S. 2 ff.; Schwartz S. 194 ff. (240); Laband 1I S. 1ff., S. 150 ff. 
5. Hufl.; Anschütz bei Holtzendorff a. a. O.; a. R. Bornhak 1 S. 463ff.; 
Arndt DrD U. S. 227 f.; RD. Komm. S. 120; Sorn 1 S. 481ff. 
15) Wenn Hue de Grais S. 3 die richterliche Gewalt unter der voll- 
ziehenden Gewalt mitbegreift, so geht dies durchaus fehl.
	        
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