D. Verordnungsrecht der komm. Generale auf Grund des § Ob. 85
man sich auf den Standpunkt der herrschenden Lehre, daß der
außerstrafrechtliche Irrtum dem Tatirrtum gleichsteht, also vor
Strafe schützt, und folgt man der Auffassung, daß § ob allein das
Strafgesetz bildet und das Derbot des Militärbefehlshabers ledig-
lich Derwaltungsmaßnahme ist, dann schließt Irrtum über das
Bestehen und die Tragweite einer Derordnung auf Grund des
g 9b den strafbaren Dorsatz auf jeden Jall und die strafbare Jahr-
lässigkeit dann aus, falls diese entschuldbar ist 36). Denn ein
derartiger Irrtum betrifft nicht das Strafgesetz, sondern einen
außerhalb des Strafgesetzes liegenden Teil des öffentlichen Rechts,
nämlich einen Derwaltungsrechtssatz, mithin einen Tatumstand
im Sinne des §& 50 Hbf. 1 StSB. Nach § 50 Hbf. 1 Ste. sind
demjenigen, der bei Begehung einer strafbaren Handlung das Dor-
handensein von Tatumständen, welche zum gesetzlichen Tatbestande
gehören, nicht kannte, diese Umstände nicht zuzurechnen. Ju Tatum-
ständen, die zum gesetzlichen Tatbestande gehören, rechnet man
gemeinhin auch dem Strafrecht nicht angehörige Rechtssätze. Gemäß
l590 Kbs. 2 Ste#B. gilt jedoch bei der Bestrafung fahrlässig be-
gangener handlungen die Bestimmung des § 50 fbf. 1 nur insoweit,
als die Unkenntnis selbst nicht durch JSahrlässigkeit verschuldet ist.
Oanach ist fahrlässige Unkenntnis des Derbotes aus 8 9b B3ZG.
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36) Dgl. RG. v. 10. 5. 1915, v. 51. 5. 1915, v. 17. 1. 1916, v. 30. 5.
1915 (Tonrad S. 89); Restr. B5. 40 S. 323 (327), auch Bd.# 42 S. 26,
vgl. Lrank a. a. O. S. 136; ferner Goldschmidt JIW. 1015 S. 1226;
a. H. folgerichtig Strupp S. 110; Bovensiepen a. a. O.; Bayur. OLG.
v. 28. 1. 1915 (siehe Knm. 34).
37) Hierbei fragt es sich, ob eine Pflicht zur Erkundigung nach den
VDerboten der komm. Generale aus §& Ob besteht, und wieweit man
diese Dflicht auszudehnen hat. Uach gemeiner Meinung hat man
eine allgemeine Erkundigungspflicht anzunehmen, die im verschärften
Maße für Händler und Gewerbetreibende existiert, die sich auch bei
Behörden und Kuskunftspersonen zu informieren haben. (Dal. Bö.
v. 13. 1. 1916 — CöS. 1916 S. 450; Dürschel S. 227.) Wer diese Er-
kundigungspflicht verletzt, handelt fahrlässig und macht sichnach Sob#strafbar.