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nung getan ist), kommt rechtlich nicht in Betracht, da diese Instruk-
tion den König Dritten gegenüber nicht bindet; wenn der Staats-
rat tatsächlich nicht gehört worden sein sollte*), so dürfte dies
sachlich durch die außerordentliche Dringlichkeit, unmittelbar vor
Ausbruch des Krieges, hinreichend begründet sein.
Den Anforderungen des Ministerverantwortlichkeitsgesetzes
vom 4. Juni 1848 Art. 4 ist durch die Gegenzeichnung sämtlicher
Staatsminister und des Kriegsministers genügt, die Ausfertigung
durch die Zentralabteilung des Kriegsministeriums -- statt wie
sonst üblich durch den Generalsekretär — ist rechtlich belanglos;
sie bringt den in erster Linie militärischen Charakter der Verord-
nung zum Ausdruck.
Das preußisch-reichsdeutsche Gegenstück.
Strupp nennt (8. 154) die Verordnung die vom Gesetz (will
in dortigen Zusammenhang heißen: vom bayerischen Gesetz über
‚len Kriegszustand vom 5. 11. 1912 — Ges.- u. Verordn.-Bl. S. 1161)
unterlassene, aber unbedingt notwendige Parallele zu $ 4 des
(preuß.) Belagerungszustandsgesetzes. Es erscheint daher geboten,
sich an dieser Stelle erstmals dem letztgenannten Gesetze zuzu-
wenden. $ 4 des Belagerungszustandsgesetzes vom 4. 6. 1851
lautet:
„Mit der Bekanntmachung der Erklärung des Belagerungszu-
standes geht die vollziehende Gewalt an die Militärbefehlshaber
über. Die Zivilverwaltungs- und Gemeindebehörden haben den An-
ordnungen und Aufträgen der Militärbefehlshaber Folge zu leisten.
Für ihre Anordnungen sind die betreffenden Militärbefehls-
haber persönlich verantwortlich.“
Wie man sieht, ist für Preußen, und damit gemäß Art. 68 der
Reichsverfassung für das gesamte Reichsgebiet (ausnahmlich des
Königreichs Bayern) die für Bayern auf dem Verordnungsweoe oe-
regelte Materie gesetzlich festgelegt. s
Bayern ist, wie oben erwähnt, durch Ziff. III, $ 5 des Ver-
sailler Bundesvertrages vom 23. 11. 1870 von der Geltung des
Art. 68 der Reichsverfassung (bezw. Norddeutschen Bundesverfas-
sung) ausgenommen. Der Bundesvertrag ist vom Bundesrat und
*) Die Gegenzeichnung durch sämtliche Minister läßt im Hinblick auf die
FFormationsverordnung vom 29. Dez. 1829 die Vermutung zu, daß tatsächlich
nur ein Versehen vorliegt (vgl. Piloty-Sutner, Verfassungsurkunde, zu 8 30, Ziff. 4,
Ss. 62). Bemerkungsweise sei hier angefügt, daß die Angabe bei Seydel-Piloty
S. 327, daß der Staatsrat bei Verhängung des Belagerungszustandes zu hören
sei, sich nur auf den Belagerungszustand nach dem Strafgesetzbuch von 1813
(und auch hier nur für den Fall, daß Mord, Raub, Brandlegung in einem
Bezirke überhandnehmen, insbesondere Banden sich bilden) bezieht; bei der Ver-
hängung des Kriegszustandes und des Standrechtes in der Pfalz — GVBl.
S.327 ff. — ist der Anhörung des Staatsrates gleichfalls nicht Erwähnung getan.