Full text: Vom Übergange der vollziehenden Gewalt auf die Militärbefehlshaber in Bayern während des Krieges 1914/19.

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Befugnisse ausüben, sondern ihr”) auch verbindliche Aufträge in 
Angelegenheiten erteilen, die sich auf den Würzburger Korpsbezirk 
beriehen. Wegen sonstieer Kollisionen in der Zuständigkeit ver- 
gleiche 8. 19 ff. 
Sachlicher Umfang der Zuständigkeit. 
Der Begrift der „vollziehenden Gewalt“ ist der bayerischen Ver- 
fassung im Gegensatze zur preußischen (Art. 45 derselben) fremd. 
Es ergibt sich daraus die Notwendigkeit, diesen Begriff für Bayern 
auf staatsrechtstheoretischer Grundlage festzustellen. 
Bekanntlich wird der Begriff der vollziehenden Gewalt in der 
Theorie des Staatsrechtes in doppelter Beziehung ausgelegt. Man 
spricht einerseits von vollziehender Gewalt lediglich im Gegensatze 
zur Gesetzgebung, und begreift in diesem Sinne auch die richter- 
liche Tätigkeit mit ein, die ja letzten Endes auch nur eine beson- 
dere Form des Vollzuges bestehender Gesetze ist. Die belgische 
Verfassung von 1831 dagegen, die auch das Vorbild der preußischen 
Verfassungen von 1848 und 1850 ist, unterscheidet drei getrennte 
Gewalten im Staate: Die gesetzgebende (force legislative), die rich- 
terliche (£. judicielle) und die vollziehende (f. executive) Gewalt. 
Vollziehende Gewalt im Sinne des preuß. Belagerungszust.-Ges. ist 
sonach die gesamte Staatstätigkeit auf dem Gebiete der Verwal- 
tung, ob auch einschließlich der verwaltungsrichterlichen Tätirkeit, 
mag hier ununtersucht bleiben (nach Ansicht des Verfassers ist. sie 
nicht. inbegriffen). Da wie gesagt, das bayr. Staatsrecht das Wort 
„vollziehende Gewalt“ bislang nicht ausgesprochen hafte, erschien 
es höchst notwendig, zum Ausdruck zu bringen, auf welchen der bei- 
den theoretischen Sprachgebräuche die Verordnung sich beziehen 
wollte. Dem ist durch Beifügung des Zusatzes „mit Ausnahme der 
richterlichen und verwaltungsrichterlichen Tätigkeit“ Rechnung ge- 
tragen. Immerhin bleiben auch in Bavern einige Tätigkeitsgruppen 
strittig; hierauf soll später zurückgekommen werden. 
Der allergrundlegendste Unterschied zwischen der für das 
übrige Reich geltenden Regelung des preußischen Gesetzes und dem 
auf der Verordnung vom 31. 7. 14 beruhenden bayerischen Rechte 
dürfte darin zu finden sein, daß in Bavern nur „die Ausübung der 
Befugnisse der den Zivilstaatsministerien unterge- 
ordneten Staatsbehörden“ mit Ausnahme, wie oben gesagt. der 
richterlichen und verwaltungsrichterlichen Tätigkeit, ferner mit be- 
stimmten Einschränkungen berzüelich der Verkehrsbehörden über- 
tragen wurde, — nach dem Reichskriegsrecht dagegen die voll- 
ziehende Gewalt schlechthin. Im Zusammenhange mit der oben er- 
wähnten Unterstellung der bayerischen stellv. Generalkommandos 
unter das Kriegsministerium ergibt sich hieraus eine so starke Tin- 
schränkung der Befugnisse der bayerischen Militärbefehlshaber, daß 
n da sie keine einem Ministerium unmittelbar unterstellte Stelle irt.
	        
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