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ungeachtet der gegenüber dem preußischen Recht etwas erwei-
terten Kompetenz aus Art. 4 Ziff. 2 des Kriegszust.-Ges. -- von
einer Militärdiktatur in Bayern gerechterweise nicht gesprochen
werden kann. Das bayerische Recht dürfte, was im einzelnen dar-
zulegen im Rahmen dieser beschränkten Arbeit zu weit führen
würde, nicht weniger Sicherheiten gegen eine militärische Willkür-
herrschaft bieten, als das französische Kriegszustandsrecht (unter
dem allerdings während des überwiegenden Teils der Kriegsdauer
im wesentlichen nur das Land nördlich und östlich der Seine und
das Seine-Departement selbst standen), und erheblich mehr als das
italienische, — vom österreichischen oder russischen Recht ganz
zu schweigen.
Der Umfang der vollziehenden Gewalt der Militärbefehlshaber
richtet sich streng nach den gesetzlichen Befugnissen der Behörden,
bezüglich derer die Befugnisse allgemein auf die Militärbefehlshaber
übertragen sind. Eine etwaige Änderung der Zuständigkeit nach
dem Übergang der vollziehenden Gewalt wirkt eo ipso für und gegen
das Recht des Militärbefehlshabers; wird z. B. irgendwelche Be-
fugnis einer Mittelstelle durch Gesetz, Kgl. Verordnung oder Mini-
sterialentschlicßung (bei letzteren beiden selbstverständlich die ge-
setzliche Zulässigkeit vorausgesetzt) dieser entzogen und einem Mı-
nisterium übertragen, so erlischt gleichzeitig das Recht des Militär-
befehlshabers, ‚diese Befugnisse auszuüben ; wenn irgendwelche bis-
her dem Ministerium zustehende Befugnisse auch nur alternativ
einer untergeordneten Behörde übertragen wird oder wenn einer
solchen Behörde sonstwie ein neuer Wirkungskreis übertragen wird
(wie dies B. im Kriege bei dem bis dahin nicht bestandenen
Höchstpreis- und Preisprüfungsverfahren der Fall war), so erlangt.
mit der Übertragung auch der Militärbefehlshaber das Recht, die
Befugnis auszuüben.
Soweit eine Behörde nur befugt ist, eine bestimmte Verwal-
tungstätigkeit unter Mitwirkung bestimmter anderer Organe aus-
zuüben, wird es darauf ankommen, ob diese anderen Organe gleich-
falls unter den Begriff ‚den Zivilstaatsministerien untergeordnete
Staatsbehörden“ fallen; trifft letzteres zu, so muß der Militärbe-
fehlshaber notwendigerweise von der Mitwirkung entbunden sein,
da er ja auch die Befugnisse dieser Organe ausüben dürfte; die
Wortspielerei, daß der Militärbefehlshaber an Stelle der einen Be-
hörde eine Tätigkeit vornimmt und an Stelle der anderen Behörde
sich selbst zustimmt, dürfte füglich zu entbehren sein. Ist da-
gegen das mitwirkende andere Organ keine untergeordnete Staats-
behörde im Sinne der Verordnung, so ist ihre Mitwirkung auch
für die Tätigkeit des Militärbefehlshabers bindende Vorschrift, z.B.
kann der Militärbefehlshaber beim Erlasse irgendwelcher sanitäts-
polizeilicher Maßnahmen, zu der das Bezirksamt nur unter Bei-
ziehung des Bezirksarztes befugt wäre, von dieser Beiziehung ab-