Full text: Vom Übergange der vollziehenden Gewalt auf die Militärbefehlshaber in Bayern während des Krieges 1914/19.

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scheint er befugt, den Gefängnisdirektor anzuweisen, einen Straf- 
gefangenen auch nur vorläufig zu entlassen, oder etwa über tech- 
nische Einzelheiten des Gefängnisbetriebes, wie Einzelhaft oder 
Krummschließen zu bestimmen. 
Zwangsmittel. 
Aus dem Übergang der vollziehenden Gewalt ergeben sich, 
wie besonders hervorgehoben zu werden verdient, für den Militär- 
befehlshaber keine weiteren Zwangsmittel zur Herbeiführung der 
von ihm anstelle der Zivilbehörden getroffenen Maßnahmen, als 
den Zivilbehörden selbst zustehen würden. Im sehr vielen Fällen 
muß sich sonach auch der Militärbefehlshaber mit der zugegebener- 
maßen gänzlich ungenügenden Verhängung der Ungehorsamsstrafe 
nach Art. 21 PolStrGB. begnügen. Dies mag unter Umständen 
auch sachlich unerfreulich sein, trägt jedoch dazu bei, den Charakter 
der bayerischen Bestimmungen wie oben dargelegt als möglichst 
frei vom Geiste der eigentlichen Militärdiktatur zu zeigen. Übrigens 
wird sich der Militärbefehlshaber in manchen Fällen durch Ver- 
ordnungen nach Art. 4 Ziff. 2 des Kriegszustandsgesetzes helfen 
können. Hierbei war allerdings während des ganzen Krieges sowohl 
im Kriegsministerium, wie bei den mit der Bearbeitung der ein- 
schlägigen Verfügungen betrauten juristisch gebildeten Offizier 
der Generalkommandos „Gemeine Meinung“, daß Staats- und ven 
meindebehörden durch Anordnungen nach Art. 4 Ziff. 2 nicht u bar 
Strafandrohung gezwungen werden könnten, einen Auftra len 
Mililärbefehlshabers zu vollziehen. Angeblich soll eine Oberst. 
landesgerichtliche Entscheidung in diesem Sinne vorliegen: Fi 
Verf. hat sie nicht auffinden können. Diese oberstlandesgericht. 
liche Entscheidung wäre jedenfalls recht anfechtbar. Welcher 
rechtliche Unterschied sollte darin bestehen, wenn eine Krieesyu 
standsverfügung folgendermaßen gefaßt ist: „Die Gemeindebehörd, 
werden für verpflichtet erklärt, mit sofortiger Wirksamkeit I isten 
sämtlicher Grundstücke auszuarbeiten und bis zum xten Febı n 
dem Generalkommando vorzulegen, welche im verflossenen wirt 
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schaftsjahre der landwirtschafttlichen odeı gartenbaulichen Benützung 
nicht zugeführt wurden, obgleich sie hierzu geeignet. waren,“ — oder 
wenn die gleiche Verpflichtung unmittelbar den Besitzern solcher 
(srundstücke auferlegt wird. Sollte tatsächlich der Gemeindevor- 
steher, der es absichtlich oder grobfahrlässig unterläßt, eine solche 
Liste anzulegen, nur auf dem \Vege des Ersuchens an seine vor- 
gesetzte Zivilbehörde, das Disziplinarverfahren einzuleiten (ein Er- 
suchen, dem gar nicht Folge gegeben zu werden brauchte! s. oben), 
zu fassen sein, während die Privatperson der vollen Strafdrohung 
des Art. 4 Kriegszust.-Ges. unterläge? — das wäre doch ein recht 
unvernünftiges Ergebnis.
	        
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