Full text: Vom Übergange der vollziehenden Gewalt auf die Militärbefehlshaber in Bayern während des Krieges 1914/19.

Geschichtliches. 
Die Notwendigkeit, Bestimmungen über den Übergang der 
Befugnisse bürgerlicher Behörden auf militärische Behörden zu 
treffen, ist so alt, wie die Trennung zwischen bürgerlichen und mili- 
tärischen Behörden überhaupt. 
Wo, wie im Athen der Archonten oder bei der Signoria der 
Republik Venedig, auch der militärische Oberbefehl unter allen Um- 
ständen der obersten bürgerlichen Behörde oblag, — oder umgekehrt 
wo, wie bei den Heerkönigen der Völkerwanderung oder unter der 
F'eudalverfassung des Mittelalters, der militärische Oberbefehlshaber 
stets auch alle bürgerliche Gewalt in sich vereinigte, waren solche 
Bestimmungen freilich nicht vonnöten. Auch im Staatsrechte eines 
Ludwig XIV., das jede Einzelheit der Verwaltung der Entschei- 
dung des Königs von Fall zu Fall vorbehielt, war für eine derartige 
Bestimmung kein Raum. Dagegen sehen wir einen deutlichen An- 
satz zu der Regelung, wie sie jetzt wohl in allen Kulturstaaten 
besteht, bereits in der Einrichtung der Diktatur im repuklikanischen 
Rom. Es erscheint daher nicht verwunderlich, daß derjenige Staat 
ler als erster zu den Staatsidealen des Altertums, „wie er sie auf. 
faßte‘“‘!, zurückkehrte, nämlich das Frankreich der ersten Repu- 
blik, auch als erster eine gesetzliche Regelung über die Befugnisse 
der militärischen Befehlshaber im Kriege auf dem Gebiete der 
bürgerlichen Verwaltung getroffen hat!). Es ist dies das Gesetz 
vom 10. Juli 1791 (französischer Textauszug bei Sutner, bayr. 
Kriegszustandsgesetz, S. 74, — deutsch bei Möller, Samml. d. 
in Elsaß-Lothringen geltenden Gesetze, Bd. II, S. 53). 
ı) Daß auch die in ihren Anfängen noch weiter zurückgehende Verfassung 
der nordamerikanischen Union dem Präsidenten für den Kriegsfall diktatorische 
Befugnisse überträgt, dürfte bekannt sein; hierüber Näheres auszuführen, würde 
iiber den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen.
	        
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