Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

& 32. Sog. Sukzession der Staaten. 129 
  
rungen der Elemente eines Geweinwesens können dessen Existenz bezw. seine 
Fortexistenz als Staat und Völkerrechtssubjekt zum Erlöschen bringen. !) Das 
Erlöschen eines politisch geeinigten Volkes?), der Untergang des 
Staatsgebietes?) haben selbstverständlich den Untergang des Staates zur 
Folge. Es kann aber auch die rechtliche Organisation des staat- 
lichen Gemeinwesens in Folge anarchischer Zustände allmählich in sich 
zerfallen; der Untergang der staatlichen Hauptorgane hat den 
Untergang des Gemeinwesens als Staat und als Völkerrechtssubjekt zur Folge. 
Derlei Vorgänge dürften übrigens im Bereich der Kulturstaaten gleichzeitig 
die Bedeutung der Angliederung des aufgelösten Gemeinwesens an benach- 
barte Staaten haben, sei es, daß der Anschluß freiwillig erfolgt oder die not- 
wendig gewordene Intervention anderer Mächte den Anschluß bewirkt.‘ — 
Ferner erlischt der Staat infolge des Ausgangs kriegerischer Verwick- 
lungen durch reale Verbindung mit dem siegenden Staat; außer dem Falle 
kriegerischer Verwicklungen durch freiwilligen Eintritt in die reale 
Verbindung mit einem anderen Staat — sei es auf Grund eines selbständigen 
Akts (z. B. im Falle des Aussterbens der Dynastie, ohne daß für diesen Fall 
durch die Verfassung anderweite Vorsorge getroffen wäre), oder infolge der 
verfassungsrechtlich in Aussicht genommenen Sukzession einer fremden Dynastie 
mit der Wirkung der Inkorporierung des Geweinwesens (im Gegensatze zur 
Begründung einer bloßen Personalunion). — Ferner kann der Untergang eines 
Völkerrechtssubjekts dadurch herbeigeführt werden, daß ein Staat in ein der- 
artigess Abhängigkeitsverhältnis zu einem anderen Staate tritt, in 
welchem ihm die freie Selbstbestimmung im Staatenverkehr entzogen ist. — 
Schließlich kann die Bildung eines Bundesstaates für die Gliedstaaten 
Modifikationen ihrer Eigenschaft als Völkerrechtssubjekte zur 
Folge haben. 
$ 32. Sog. Sukzession der Staaten.) I. Unter den Vorgängen, welche 
auf die Existenz eines staatlichen Gemeinwesens von Einfluß sind, interessieren 
  
N Grotius, De jure belli et p. II, 9. 
2) Durch Aussterben selten; Erlöschen eines politisch geeinigten Volkes in Folge von 
Auswanderung oder Vertreibung ist im Bereich der heutigen Kulturvölker wohl unmöglich 
Heffter-Geffcken $ 24 und Phillimore, Commentaries I p. 168. 
3) Die Möglichkeit des Untergangs des Staatsgebiets wurde in der berühmten Ansprache 
Wilhelm’s von Oranien an die holländischen Generalstaaten zum Ausdruck gebracht, 
indem er zur Verteidigung des Landes gegen Ludwig XIV. die Durchstechung der Deiche 
empfahl und den Holländern das Wiederaufleben ihres Gemeinwesens auf auderem Boden 
vor Augen stellte, selbst wenn [nach der Erzählung Macaulay’s, History of England 
(Tauchnitz’ Ed.) I p. 215] their natal soil and the marvels with which human industry 
bad covered it were buried under the ocean. 
4) Revolutionäre Bewegungen mögen zur Auflösung der bestehenden Herrschergewalt 
führen -- der Staat selbst bleibt bestehen, so lange es tatsächlich Organe gibt, durch 
welche die Staatsperson ihren Willen zu bekunden vermag. Vgl. v. Holtzendorff, HH II 
S. 23 (sub 3). 
5) Hauptwerk Huber, Die Staatensukzession 11898). — Pfeiffor, Über Kriegseroberung 
in Bezug auf Staatskapitalien (1823); Heffter-Geffeken $ 23 (Anm. von Geffeken) $ 25; 
v. Holtzendorff, HHII 8. 33ff.; F. v. Martens I S. 276ff., Rıvier, Lehrbuch $ 7; 
Ullmann, Völkerrecht. %
	        
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