Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

& 37. Einfluß der tatsächlichen Ungleichheit auf die Rangverhältnisse. 139 
  
Ranges sind, das Los die Ordnung der Unterschriften bestimmen soll. Sehr 
häufig kommt es in neuerer Zeit vor, daß die Bevollmächtigten auf Kongressen 
nach der Ordnung des Alphabets (der Namen ihrer Staaten) ihre Namen unter- 
schreiben. — An sich kann sich jeder Staat oder Souverän jeden Titel be- 
liebig beilegen; allein wenn nach herkömmlicher Vorstellung mit einem Titel 
ein gewisser Rang verbunden ist, so sind andere Staaten nicht schuldig, den 
neuen Titel anzuerkennen, falls damit irgend eine Änderung eines bisher be- 
stehenden Rechts- oder Rangverhältnisses beabsichtigt war.!) Die Annahme 
eines neuen Titels bedarf daher der Anerkennung seitens der anderen Staaten. 
Innerhalb der Titel unterscheidet man Staatstitel, d.h. diejenigen, welche 
auf die Regierung und das Land Bezug haben. Hieher gehören das Prädikat 
„Majestät“2) „Königliche Hoheit“, „Hobeit“ und „Durchlaucht“. 
Den Majestätstitel führen jetzt alle regierenden Kaiser und Könige, außer- 
dem auch die depossedierten Könige und jene, welche abgedankt haben, wenn 
sie nicht ausdrücklich auf den Titel verzichten. — Das Prädikat „von 
Gottes Gnaden“ (ein Demutstitel) führen die regierenden Souveräne ohne 
Unterschied des Ranges in sog. offenen Staats- und Kabinettsschreiben. — 
Einige Souveräne führen auch religiöse Titel, die ihren Vorfahren vom römi- 
schen Stuhle verliehen wurden; so der Kaiser von Österreich als König von 
Ungarn das Prädikat „apostolische Majestät“, der König von Spanien „katho- 
lische Majestät“, der König von Portugal „roi tres fid&le“3) — Ohne Be- 
deutung für die aktuelle Stellung eines Staates als Völkerrechtssubjekt sind 
die Prätensions- und Gedächtnistitel, d. h. solche, wodurch wirkliche 
oder vermeintliche Ansprüche bezeichnet werden. — Familientitel sind die- 
jenigen, welche mit der Abstammung einer Dynastie zusammenhängen. — In 
bezug auf die Sprache ist jedes Volk berechtigt, sich in Verhandlungen mit 
anderen seiner eigenen Sprache zu bedienen. *) Bei schriftlichen Aktenstücken 
ist es aber Sitte, einem anderen Staate, in dem eine andere Sprache herrscht, 
eine Übersetzung in seiner Sprache beizulegen. Staaten, in denen verschie- 
dene Sprachen gesprochen werden, fertigen die Urkunden und Staatsverträge 
entweder in mehreren Exemplaren in verschiedenen Sprachen aus oder in 
einer zu wählenden dritten Sprache. Früher diente die lateinische Sprache 
als die diplomatische... Seit Ludwig XIV. von Frankreich wurde gewöhn- 
lieh die französische Sprache gebraucht. Man fügt aber den Aktenstücken 
_—— 
  
1) Beispiele: Annahme des Kaisertitels durch Peter d. Gr. nach dem Nystädter Frieden; 
in neuerer Zeit die Annahme des Titels „Kaiserin von Indien“ durch die Königin von Groß- 
britannien, des Königstitels durch die Souveräne von Rumänien (1881) und Serbien (1882). 
2) Die Römer sprachen schon in republikanischer Zeit von der Majestas populi Romani. 
3) Vormals hieß der König von Frankreich „roi tr&s-chretien“ oder „filius primo- 
genitus ecclesiae*, der König von England „defensor fidei*, der König von Polen „roi 
orthodoxe“. 
4) Vgl. im allgemeinen Calvo III $ 13saq. 
5) Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts führte der damals”mächtige Einfluß Spaniens 
zum Gebrauch der kastilianischen Sprache als der diplomatischen. Dagegen sind die Verträge 
von Nimwegen, Ryswyck, Utrecht, Baden (1714), Wien (1725—173$), Tondon (171%) in 
lateinischer Sprache abgefaßt.
	        
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