170 Drittes Buch. Die Organe der Völkerrechtssubjekte. $ 46.
Angelegenheiten oder sie ist veranlaßt durch Angelegenheiten und Ereignisse.
welche keine Staatsgeschäfte bilden bezw. mit politischen Verhältnissen nicht
zusammenhängen, bezüglich deren aber die comitas gentium die Pflicht
sympathischer Teilnahme und deren solenner Kundgebung den Staaten
wechselseitig auferlegt. Zum Zwecke dieser Kundgebung pflegen bei gewissen
Anlässen (Familienereignissen, z. B. Trauungen, Bestattungen, bei einem Jubi-
läum des Souveräns, bei einer Krönung u. s. w.) sog. Ceremonialgesandte
(Ambassadeurs de cer&monie) mit der Vertretung des Souveräns oder des
Staates beauftragt zu werden. Diesen Gesandten können die übrigen als
Geschäftsgesandte (Ministres negotiateurs) gegenübergestellt werden.
II. Juristische Gründe einer Klassifizierung der Gesandten gibt es nicht.
denn in allen Fällen der Vertretung eines Staates bei einer auswärtigen
Macht ist die rechtliche Stellung des Vertreters die gleiche; diese
rechtliche Gleichheit der Vertreter entspricht auch durchaus dem Grundsatz
der rechtlichen Gleichheit der Völkerrechtssubjekte, als deren ausführende
Organe die Gesandten im Verkehr mit anderen Staaten ihren amtlichen
Funktionen nachkommen. Nur bezüglich der Beglaubigung, der Re-
präsentanz und des Ceremoniells ergibt sich ein Unterschied!). Bis zur
Ausbildung der Gesandschaft als internationalen Instituts gab es nur eine
Klasse von diplomatischen Agenten: die Botschafter?) (ambassadeurs)?).
Seit der Einführung ständiger Gesandschaften kamen zur Bezeichnung der
Gesandten noch anderweite Titel in Gebrauch: Geschäftsträger (charges
d’affaires, agents charges d’affaires), Residenten (r6sidents) u. s. w.; die
rechtliche Stellung und diplomatische Aufgabe derselben war aber identisch
mit jener der Botschafter. Streitigkeiten über den Rang, über Vorsitz und
Vortritt ließen es empfehlenswert erscheinen,durch einen internationalen Akt eine
Grundlage für die Ordnung dieses Verhältnissns zu schaffen. Dies geschah durch
den Wiener Kongreß, der am 19. März 1615 ein Reglement über die Rangverhält-
nisse der diplomatischen Agenten‘) vereinbarte, das im Konferenzprotokoll der
fünf Großmächte zu Aachen vom 21. November 1818 ergänzt wurde. Diesen
Vereinbarungen zufolge gibt es vier Klassen von diplomatischen Vertretern):
1. Botschafter (Großbotschafter, ambassadeurs, magni legati, oratores),
1) Vgl. Hübler, Magistraturen 13.
2) Privatangelegenheiten der Souveräne wurden von besonderen Agenten im Auslande
besorgt; diese hatten keinen Repräsentativcharakter und genossen nicht die besonderen
Rechte und Elıren internationaler Repräsentanten.
3) Über die etymologische Ableitung des Ausdrucks ambassadeur siehe Rivier,
lehrb. $ 35.
4) Dem Reglement sind andere Staaten teils ausdrücklich teils stillschweigend beige-
treten. - Über die Anschauung der nordamerikanischen Union über die Stellung der „Bot-
schafter“ in geschäftlicher Bezichung zu dem Empfangsstaat siche Schuyler, American
diplomacy p. 113.
5) Art 1 des Reglements des Wiener Kongresses; „Les employes diplomatiques sont
partages en trois classes: celle des ambassadeurs, Iegats ou nonces; celle des envoyes, nini-
stres ou autres acer@ditös aupres des souverains; celle des charges d’affaires accredites aupres
des miinistres des affaires &trangeres.“