182 Drittes Buch. Die Organe der Völkerrechtssubjckte. $ 50.
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die Polizeigewalt wegen dringender Gefahr Maßregeln gegen den Gesandten
zu ergreifen genötigt ist, hat die Regierung des Empfangsstaates den Vorfall
jener des Absendestaates zur Kenntnis zu bringen und die Bestrafung bezw.
Abberufung des Gesandten zu begehren.. Unter den Gesichtspunkt präventiv-
polizeilicher Maßregeln fällt auch die Umstellung des Gesandtschaftshotels
zum Zwecke der Verhinderung von unerlaubten Manifestationen und uner-
laubten Verkehrs mit dem Gesandten.
In dem Verkehr mit den asiatischen Staaten sicherten die zivilisierten
Staaten ihren diplomatischen Agenten die Unverletzlichkeit namentlich in
Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsverträgen ', Japan gegenüber
derzeit in besonderen Verträgen.
Verletzungen fremder Gesandten, die von der Regierung des Empfangs-
staates oder deren Organen ausgehen, verpflichten zur Genugtuung oder
Schadenersatz, bezw. zu beiden, eventuell zu strafrechtlicher und disziplinar-
rechtlicher Verfolgung der schuldigen Organe. Bezüglich der von Privaten
verübten rechtswidrigen Handlungen hat die Regierung die Strafverfolgung
nach Maßgabe des geltenden Rechts zu veranlassen, und bezüglich eventueller
Schadenersatzansprüche dem Gesandten den Rechtsweg offen zu halten.
2. Unter dem Ausdruck „Exterritorialität“ wird eine Reihe von
Immunitäten und Exemtionen zusammengefaßt, welche den diplomatischen
Agenten und heute noch auch dem offiziellen und nichtoffiziellen Personal der
Gesandtschaft zugestanden werden?) Im Interesse der sicheren und freien
Ausübung der gesandtschaftlichen Funktionen sind gewisse Befreiungen der
fremden Gesandten von der regelmäßigen Wirksamkeit der öffentlichen Ge-
walt des Empfangsstaates völkerrechtlich anerkannt. Diese Befreiungen sind
den Gesandten im Interesse der Ausübung ihres Amtes zugestanden; daher
könnte der einzelne Gesandte für seine Person auf den Genuß dieser Be-
freiung nicht wirksam verzichten ®). Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die
hier in Frage stehenden Befreiungen der Gesandten von der Wirksamkeit
lautet: „L’inviolabilit6 ne peut &tre invoqu6e: 3° en cas d’actes r&prehensibles commis par le
niinistre et provoquants des mesures de defense, de precaution ou de r&pression.. .
Auf Antrag von Renault wurden die Worte: „ou de r&epression“ gestrichen, da ein Vor-
gehen der ordentlichen Gerichte gegen den fremden Gesandten ausgeschlossen ist. An-
nuaire XI p. 405; XII p. 269.
1) So z. B. in dem Vertrag zwischen dem Zollverein und Japan 1869, jetzt deutsch-
japanischer Konsularvertrag v. 4. April 1896, Art. 2, Deutschland und Persien 1873, Art. 2.
2) Bei den Beratungen des Instituts für intern. Recht über die diplomatischen Im-
munitäten ist insbesondere von Renault und Fusinato der Gebrauch des Ausdrucks
„Exterritorialität“ gerügt und dessen Beseitigung aus den Beschlüssen des Instituts vorge-
schlagen worden. Indessen, der Ausdruck wurde auf Grund der Ausführungen von Lehr
(Annuaire XI p. 402 und XII p. 262 sq.) beibehalten und zwar, weil er althergebracht und
in der juristisch-technischen Sprache eingebürgert ist, außerdem beim Mangel eines anderen
zutreffenden Ausdrucks als konventionelle Abbreviatur sich brauchbar erweist zur Bezeich-
nung des Komplexes von Exemtionen und Immunitäten, deren sich nicht jeder Fremde er-
freut, vermöge deren aber der diplomatische Agent von der Anwendbarkeit des gemeinen
Rechts des Empfangsstaates befreit ist. (Ebenso: Reglement [Annuaire XIV p. 241)).
3) Vgl. Geffeken, HH III S. 655.