186 Drittes Buch. Die Organe der Völkerrechtssubjekte. $ 50.
gesandtschaftlichen Amtes durch die Landesgesetzgebung ausdrücklich der
Grundsatz ausgesprochen, daß sich die Zivilgerichtsbarkeit auf die diplo-
matischen Agenten nicht erstreckt. Fehlen eingehende Bestimmungen im
Landesrecht oder beschränkt sich das Landesrecht auf die Anerkennung des
völkerrechtlichen Grundsatzes, dann ist es Sache der gerichtlichen Praxis, von
Fall zu Fall diesem Grundsatze entsprechend vorzugehen !). Die praktische
Geltung des Grundsatzes äußert sich auf dem Gebiete des Prozeßrechts, in-
sofern auch hier (wie im Strafprozeß) gegenüber diplomatischen Agenten ein
Prozeßrechtsverhältnis wegen Mangels einer wesentlichen Prozeßvoraussetzung
rechtswirksam nicht begründet werden kann. Klagen aus persönlichen An-
sprüchen, welche gegen den diplomatischen Agenten während seiner amtlichen
Tätigkeit im Gebiete des Empfangsstaates oder auch schon vorher entstanden
sind, werden von den Gerichten zurückzuweisen sein?). Mobilien, welche
der diplomatische Agent in seiner amtlichen Eigenschaft besitzt und gebraucht,
sind der Exekution nicht zugänglich. Ebensowenig sind Exekutionsakte gegen
die Person des Gesandten zulässig. — Die Exemtion ist jedoch keine aus-
nahmslose. Solche Ausnalımen sind anerkannt:
c«) Wenn der Gesandte mit Genehmigung seiner Regierung‘)
1) Vgl. den oben zitierten $ 18 des deutschen GVG. — In $ 38 des österr. allgem.
BGB wird nur der Grundsatz ausgesprochen, daß die Gesandten, Öffentlichen Geschäftsträger
und die in ihrem Dienste stehenden Personen dieim Völkerrechte und in den öffent-
lichen Verträgen gegründeten Befreiungen genießen. Bezüglich der mit der gesetzlich
anerkannten Stellung des Oberhofmarschallamts unvereinbaren Bestimmung des
Art. V des EinfG zur Jurisdiktionsnorm (1852) siehe Jettel a. a. O. S. 140. Vgl. dagegen
Jurisdiktionsnorm v. 1. Aug. 1895. — Die Bestimmungen des ungarischen Rechts (CPrO
& 272 und ExekutionsO [1881] $ 33) beschränken sich auf Normen über Zustellungen an Ex-
territoriale und den Vorgang bei eventuellen Exekutionen. — Klar spricht sich $ 40 der bos-
nischen CPrO aus: außer dem Fall der freiwilligen Unterwerfung erstreckt sich die Gerichts-
barkeit der Landesgerichte auf Exterritoriale nur dann, wenn es sich um Geltendmachung
eines dinglichen Rechts an unbeweglichen, in Bosnien gelegenen Sachen handelt. — Der
französische Code civil enthält keine Bestimmung; die im Entwurf projektierte Bestimmung
über die Exemtion der diplomatischen Agenten wurde als in das internationale Recht ge-
hörend in das Gesetzuch nicht aufgenommen. — Über 8$ 224, 225 der russischen CPrO vgl.
F. v. MartensIIS. 55, 56.
2) Eine die Freiheit der ausländischen Missionen und die zivilrechtlichen Ansprüche
der Privaten gleichmäßig wahrende vermittelnde Funktion ist in Österreich -Un-
garn dem Obersthofmarschallamt zugewiesen. Diese Behörde besitzt gleichfalls
keine Gerichtsbarkeit gegenüber Exterritorialen (sio ist forum privilegiatum für die Mitglieder
des kaiserlichen Hauses und für gewisse Personen, namentlich Mitglieder fremder souveräner
Familien); es kann jedoch (auf Grund eines kaiserlichen Handschreibens vom 29. Januar 1795)
vor dieser Behörde auf überreichte Klage ein Verfahren eingeleitet werden, dessen Zweck
die gütliche Austragung der Sache bildet. Die Behörde hat nämlich den diplomatischen
Agenten einzuladen, den Kläger zu befriedigen. Bleibt der Anspruch unbefriedigt, so wird
auf neuerlichen Antrag des Klägers die Aufforderung wiederholt. Ist auch dieser Akt ohne
Erfolg, so wird auf weiteres Begeliıren des Klägers die Regierung des Gesandten auf diplo-
matischem Wege um Vermittlung ersucht. Ist auch dieser Schritt ohne Erfolg geblieben, so
erfolgt auf Antrag des Klägers eine nochmalige Aufforderung. — Gerichtsbarkeit
übt diese Behörde gegenüber den diplomatischen Agenten nur dann aus, wenn diose sich
freiwillig der Gerichtsbarkeit unterwerfen.
3) Vgl. Hartmann S. 102; F.v. Martens ILS. 56; Rivier, Lehrb. $ 38.