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des Instituts auf eine solche ausschließliche Vertretung von Privatinteressen
im Auslande hinweisen '). Allein im Bereich der heutigen Aufgaben des Staates
handelt es sich bezüglich der Konsularinstitution vornehmlich um Organe der
Staatsgewalt, die im öffentlichen Dienste stehend und mit fachmännischer
Bildung ausgerüstet für eines der wichtigsten staatlichen Interessen, dessen
Bedeutung durch die Entwicklung des modernen Handels zum Welthandel
stetig zunimmt, im Auslande einzutreten haben. Man mag daher in unseren
Tagen die Einrichtung der sog. Wahlkonsulen noch immer für nützlich er-
achten?) — zur Erfüllung der Konsularaufgabe sind doch nur die Berufskon-
sulen geeignet, da nur sie in der Lage sind, das eminent öffentliche Interesse
des Staates, das hier in Frage steht, wirksam zur Geltung zu bringen. Mag
daher immerhin im Verhältnis zu den diplomatischen Repräsentanten die recht-
liche Stellung und Aufgabe der Konsulen als eine besondere aufgefaßt
werden — immer tritt die offizielle Vertretung betreffender Staatsinteressen
im Auslande in der Funktion der Konsulen derart in den Vordergrund, dab
ihre Eigenschaft als staatliche Organe für die Stellung der vorliegenden Materie
in der Lehre von den staatlichen Organen entscheidend ist. Die Verhandlungen
des Instituts für intern. Recht über diesen Gegenstand 3) lassen deutlich er-
kennen, wie sich die Erkenntnis Bahn bricht, daß nur die Berufskonsulen in
unseren Tagen die mit dem Konsularinstitut verknüpften Interessen der Kul-
turstaaten wirksam zu vertreten in der Lage sind, daher eine genaue recht-
liche Scheidung dieser Klasse von Konsulen von den Wahlkonsulen unerläßlich,
hiemit aber auch zugleich die Notwendigkeit gegeben ist, die völkerrechtliche
und staatsrechtliche Stellung der Berufskonsulen anders zu gestalten, als dies
bislang unter dem Einfluß der traditionellen Gleichstellung mit den Wahl-
konsulen der Fall war‘). Diese durch Übung, Handels- und Konsularverträge
ausgebildete und auch in den neuesten Quellen des Konsularrechts beibehaltene
Gleichstellung beider Kategorien von Konsulen ist in der Tat eine Anomalie,
deren Fortdauer auch in unseren Tagen prävalierender Pflege der ökonomischen
1) In den Verhandlungen des Instituts für intern. Recht betr. die Stellung der Kon-
sulen (Annuaire XI p. 347 sq., XII 275 sy., XIII p. 179 sq.) hatte sich eine einzige Stimme,
die de Montluc', nicht nur für die traditionelle Gleichstellung der Berufs- und Wahl-
konsulen, sondern geradezu für ein Zurückgreifen auf die Anfänge des Instituts ausge-
sprochen. Hiernach wäre der Konsul, der selbst Geschäftsmann ist, aus der Mitte seiner an
einem fremden Handelsplatz Geschäfte treibenden Landsleute zu wählen. Dieser Standpunkt
in der Konsularfrage kann aber nur als Anachronismus bezeichnet werden. Während ur-
sprünglich das Institut in der Tat nur eine Einrichtung im Interesse der Handeltreiben-
den war, ist es heute ein bedeutsames und unentbehrliches Mittel der Pflege eines der
wichtigsten öffentlichen Interessen. Ein Zurückgreifen auf die geschichtlichen Anfänge ist
heute ausgeschlossen.
2) Aus finanziellen Gründen oder wegen der geringen Bedeutung des Platzes für den
Handel des Absendestaates u. s. w.
3) Siehe dıe oben angeführten Stellen im Annuaire.
4) Eine durchaus sachgemäße und juristisch korrekte Beleuchtung der derzeitigen
Stellung der Berufskonsulen und ihrer eigentlichen Aufgaben enthalten die Gutachten und
Berichte von Engelhardt für die Verhandlungen des Instituts für intern. Recht (im An-
nuaire a. a. 0.)