Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

254 Viertes Buch. Mittel des rechtlichen Verkehrs der Völkerrechtssubjekte. y 74 
  
dem Vertragsabschluß nicht teilgenommen haben, und zunächst auch nicht 
für die innerstaatliche Rechtsordnung bezw. die durch diese verpflichteten 
Behörden und Gesetzesuntertanen. Wie die Sphäre des rechtlichen Verkehrs der 
Völkerrechtssubjekte untereinander und die an diesen Verkehr geknüpften Lebens- 
und Rechtsverhältnisse von dem innerstaatlichen Leben und der innerstaatlichen 
Rechtsordnung zu unterscheiden sind, so ergibt sich bezüglich der internationalen 
Willensakte der Staaten ein Unterschied der rechtlichen Wirkung nach außen 
und nach innen, sohin für die Staatsverträge eine völkerrechtliche und 
staatsrechtliche Wirksamkeit derselben. Die staatsrechtliche Wirksamkeit 
des Staatsvertrages ist noch nicht mit dessen völkerrechtlicher Existenz ipso 
jure gegeben. Was auf Grund eines betreffenden Staatsvertrages als Anspruch 
oder Verpflichtung des Staates formell zur Entstehung gelangt ist, gewinnt 
praktische Bedeutung erst durch maßgebende staatsrechtliche Akte; die 
Regierung kann den Inhalt des Vertrages nur mit den ihr in der innerstaatlichen 
Rechtsordnung zur Verfügung stehenden persönlichen und sachlichen Macht- 
mitteln realisieren. Die rechtliche Verfügung über diese Machtmittel ist 
aber in jedem geordneten Staatswesen an das Vorhandensein des staatlichen 
Befehls gebunden. In der Tat erwächst also für jeden der kontrahierenden 
Staaten in der Richtung der Erfüllung des Vertrages die in dem Vertrage 
selbst nicht ausgesprochene, weil selbstverständliche Verpflichtung, nach Maß- 
gabe der innerstaatlichen Rechtsordnung !) die Erfüllung des Vertrages durch 
Erlaß betreffender Gesetze oder Verwaltungsverordnungen bezw. bloßer 
Dienstbefehle2) zu ermöglichen. Sohin gehört auch die Publikation des 
Staatsvertrages zur Ausführung des Vertrages, denn erst durch die 
Publikation kann der Normeninhalt des Vertrages für die Gesetzesuntertanen 
verpflichtende Wirkung erlangen.®) Daraus ergibt sich aber weiter, daß der 
Staat den abgeschlossenen Vertrag erfüllt und nicht die Behörden und 
Gesetzesuntertanen; diese erfüllen lediglich den Befehl ihrer Staatsgewalt.*) 
Eine solche Verpflichtung entsteht dagegen nicht, wenn der betreffende Vertrag 
gar nicht publiziert wurde; allein auch diese Verträge haben rechtliche Existenz 
und Wirkung für die beteiligten Regierungen. Ihre rechtliche Existenz ist 
mit der selbständigen rechtlichen Existenz der völkerrechtlichen Beziehungen 
gegeben, die von Voraussetzungen des nationalen Rechts unabhängig sind. >) 
Der staatsrechtlich entscheidende Akt ist die Publikation des 
  
1) Ist zur Realisierung des Inhalts eines Staatsvertrages eine Änderung oder Aufhebung 
bestehender Kechtssätze erforderlich, so „ist ein Befehl der Staatsgewalt erforderlich, welcher 
die Befolgung der in dem Vertrage enthaltenen Rechtsregeln anordnet, sie mit (esetzes- 
kraft ausstattet, d. h. ein Gesetzbefehl“. Laband, H S. 158. Neuestens Heilborn, A. 
f. öff. R. XII. (Der Staatsvertrag als Staatsgesetz.) 144 ff. 
2) Verpflichtet sich der Staat zur Vornahme von Handlungen, „zu welchen die Behör- 
den nach Maßgabe der bestehenden Gesetze befugt sind, so genügt eine Verfügung (Dienst- 
befelili“. Laband, H 8. 114, 115. 
3) Vgl. Jellinek, Staatenverträge S. 56; F. v. Martens IS. 417; Nippold a. a. 0. 
S. 125, 126. — A. M. Geßner, HH III S. 62. 
4) Vgl. Laband, H S. 156; Seligmann a.a. O.S.ı. 
5) Vgl. Nippold.a. a. O. S. 101, 102 gegen Zorn.
	        
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