Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

8 75. Abschluß der Staatsverträge. 1. Die Kontrahenten der Staatsverträge. 259 
  
scheint ) Da das Staatsorgan zum Handeln im Namen des Staates legitimiert 
ist, „streitet die Vermutung stets für die Kompetenz des Organs“ 2). Soweit 
in einzelnen Verfassungen auch der konstitutionellen Monarchien 3) das Recht 
des Staatsoberhaupts zum Abschluß von Verträgen ohne Einschränkung aner- 
kannt ist, stimmt der staatsrechtliche Grundsatz mit dem völkerrechtlichen 
überein‘). Wo dagegen verfassungsrechtliche Beschränkungen der Repräsen- 
tationsbefugnis bestehen, ist die völkerrechtliche und staatsrechtliche 
Legitimation juristisch und praktisch zu unterscheiden. Für die staats- 
rechtliche Legitimation ist aber in allen Fällen immer nur die Verfassung 
des einzelnen Staates maßgebend), sei es, daß dem Staatsoberhaupt 
die Repräsentationsbefugnis ohne Einschränkungen eingeräumt ist®), oder der 
Volksvertretung ein Mitwirkungsrecht zusteht. Völkerrechtlich beruht die 
Legitimation zum Vertragsabschluß darauf, daß das den Staat tatsächlich 
vertretende Organ zum Abschluß des Vertrages als legitimiert gilt”, Staats- 
rechtliche Beschränkungen der Legitimation beruhen, wie bemerkt, lediglich 
auf der betreffenden Verfassung und können in verschiedener Weise die 
staatsrechtliche Legitimation zum Abschluß von Verträgen normieren ®). 
  
1) Nippold.a. a. O. S. 116. 2) Jellinck, System der subjektiven Öffentlichen 
Rechte S. 229. Vgl. auch Dessen Ausführungen in „Rechtliche Natur der Staatenverträge“ 
s. 52ff.;, Nippold a. a. O. S. 117, 128, 129. 
3) In den absoluten Monarchien giebt es formell keine andere Quelle der Bildung des 
Staatswillens als len Willen des absoluten Monarchen. Vgl. Seligmann a. a. O. S. 39 
4) Vgl. Seligmann a. a. 0. S. 22, 39. 
5) Die publizistischen Streitfragen sind an jene Verfassungen geknüpft, in denen dem 
Staatsoberhaupt ganz allgemein das Recht eingeräumt ist, den Staat völkerrechtlich zu ver- 
treten, sofort aber auch der Volksvertretung bezüglich des Abschlusses von Staatsverträgen 
bezw. der Ausführung des Inhaltes der Verträge eine bestimmte Mitwirkung zugestanden 
ist. Vgl. darüber im allgemeinen Wegmann a. a. 0. 8. 82; Seligmann a. a. O. 39. 
6) In diesen Ländern kommt der Volksvertretung nur ein Einfluß auf die Voll- 
ziehung der Verträge zu. So in England, wo das Parlament den Abschluß des Ver- 
trages nicht zu genehmigen hat; es hat nur bei den zum Zwecke des Vollzugs erforder- 
lichen Gesetz- und Budgetvorlagen mitzuwirken. Vgl. Fischel, Die Verfassung Englands 
(2. Aufl.) S. 124, 127; vgl. auch Geßner, HH III S. 45 ff., 54. 
7) Nippold a. a. 0. S. 129. — Wenn Rivier, Lehrb. $ 48 bemerkt, daß es für 
den Mitkontrahenten wesentlich ist, zu wissen, inwieweit Minister und Kammern mit dem 
Staatsoberhaupt mitwirken müssen — anderseits aber zugibt, daß sich der Mitkontrahent an 
den abschließenden Vertreter zu halten hat, so kommt es doch auch nach seiner Ansicht 
völkerrechtlich nur darauf an, daß mit dem den anderen Staat tatsächlich vertreten- 
den Organ der Vertrag abgeschlossen wird. 
8) Die Bestimmung der deutschen Reichsverfassung Art. 11 Abs. 3 ist Gegenstand von 
Meinungsverschiedenheiten. ®&gl. insbes. Laband, Staatsrecht des Deutschen Reiches I. a. 
a.O. und HS. 162ff, der die Bestimmung lediglich auf die Vollziehbarkeit bezieht; 
Ernst Meier a. a. O., der die Bestimmung auch auf den Abschluß der Verträge bezieht. 
Mit der Frage haben sich die oben allegierten Arbeiten von Gorius, Zorn, Prestele, 
Unger, Seligmann, Wegmann, Tinsch, Geßner und Pröbst (mit genauen Literatur- 
angaben) beschäftigt. Vgl. ferner auch Hänel, Staatsrecht II S. 543ff.; v. Seydel, Bayer. 
Staatsrecht III 8. 734 ff.; Desselben Kommentar zur Verfassungsnrkunde des Deutschen 
Reichs zu Art. 11 (2. Aufl). — Über den Abschluß von Staatsverträgen nach dem Rechte 
anderer Staaten siehe Geßnor, HH IIL S. 45—61. Allgemeines und Geschichtliches eben- 
da S. 29ff. 
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