Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

276 Viertes Buch. Mittel des rechtlichen Verkehrs der Völkerrechtssubjekte. 5 82. 
  
punkte prävalierender Momente, die bei einzelnen Verträgen hervortreten, 
bei der Gruppierung der Verträge immerhin zu verwerten. Daneben kommt 
das Moment der durch Vertrag geschaffenen Kooperation mehrerer 
Staaten für politische resp. Rechts- und Wohlfahrtszwecke in Betracht. 
Bündnisse im engeren Sinne — Allianzen — verfolgen politische Zwecke 
als Schutz- und Trutzbündnisse, Neutralitätsbündnisse, als Bündnisse, die ein 
bestimmtes Verhalten in wichtigen politischen Angelegenheiten (Erhaltung 
bestehender Besitzverhältnisse der Staaten usw.) gegenüber dritten Staaten 
feststellen. Für den politischen Zweck wird gemeinschaftliches Handeln 
und Verhalten der Verbündeten zugesagt'). Die Bündnisse können all- 
gemeine politische Zwecke verfolgen oder sie werden zum Zwecke der 
Herbeiführung eines bestimmten Erfolges abgeschlossen; sie sind ferner 
entweder gegenseitige oder einseitige; sie können ferner gleich oder 
ungleich sein2). Der Fall, auf welchen die Leistung zugesagt wird, heißt 
casus foederis; ob der Fall eingetreten ist, beurteilt jeder der Verbündeten 
selbst. Bei unbestimmter Fassung des Vertrages können sich Schwierigkeiten 
bezüglich der Beantwortung dieser Frage ergeben, daher sich eine sorgfältige 
Redaktion derartiger Verträge dringend empfiehlt’). Die in der neueren Ge- 
schichte bemerkenswerten Bündnisse mit allgemeinen politischen Zielen 
beruhen auf den verschiedenartigsten Motiven. Die wichtigsten Bündnisse 
dieser Art seit der heiligen Allianz, die am 14. Oktober 1815 zwischen 
den Souveränen Österreichs, Preußens und Rußlands geschlossen wurde und vor 
allem die Wahrung des Prinzips der Legitimität (s. oben S. 74) sich zur Aufgabe 
setzte, sind die folgenden: das Bündnis Englands, Österreichs, Preußens, 
Frankreichs und Rußlands vom 15. November 1818 *), mit dessen Wirksamkeit 
der Zusammentritt der Kongresse zu Troppau, Laibach und Verona ver- 
knüpft ist, der Bündnisvertrag zwischen Deutschland und Österreich 
vom 7. Oktober 1879 (veröffentlicht am 3. Februar 1883 — im Deutschen 
Reichsanzeiger abgedruckt, bei Fleischmann 163), dem Italien im Jahre 
1882 beigetreten ist (Erneuerung des Dreibundes 1883, 1887, 1891, 1902), 
und der sog. Zweibund zwischen Rußland und Frankreich 1897. — In 
der Sphäre des Rechts- und Wohlfahrtszweckes der Staaten hat die 
Entwicklung des Verkehrs und die Stärkung des Bewußtseins der Solidarität 
der Rechts- und Kulturinteressen zur Abschließung von Verträgen geführt, 
durch welche die Kontrahenten in letzter Reihe sich zu einer gemeinsamen 
Wirksamkeit für jene Zwecke verpflichten, indem ein dauerndes Verhältnis 
geschaffen wird, auf Grund dessen die vertragsmäßigen Leistungen jedes Kon- 
trahenten konstant und regelmäßig erfolgen. Hierher gehören die Jurisdiktions- 
verträge (Rechtshilfeverträge, Auslieferungsverträge), Niederlassungsverträge. 
  
1) Darin erblickt auch Geffceken in seinen eingehenden Ausführungen über Bündnis- 
verträge (HH III S. 116 ff.) das Wesen der Bündnisse. Deshalb erklärt er auch die heilige 
Allianz vom Jahre 1815 als ein wirkliches Bündnis, weil sich die Verbündeten (Art. 1) Hilfe 
und Beistand zugesagt hatten. 2) Vgl. Geffcken a. a. 0. S. 128 ff. 
3) Näheres bei Geffcken a. a. O. 134 ff. 
4) Aachener Kongreß. Zweites Protokoll bei Fleischmann 25.
	        
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