Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

278 Viertes Buch. Mittel des rechtlichen Verkehrs der Völkerrechtssubjekte. $ 93. 
  
anderen zu haben. Die Verpfändung von beweglichen Sachen kam 
auch früher nur selten vor. In neuerer Zeit kommt es vor, daß Staaten ihren 
Gläubigern zur Sicherung staatliche Einnahmsquellen verpfänden; dies geschah 
2. B. seitens der Türkei und Egyptens zugunsten der ausländischen Gläubiger. 
Eine finanzielle Sicherheit pflegt den Gläubigern durch Hinterlegung von 
Wertpapieren gewährt zu werden.'!) 
Als modifizierte Form der Pfandnahme erscheint die vielfach in Anwendung 
gebrachte militärische Okkupation von Landesteilen des verpflichteten 
Staates.2) Sie wird zumeist in Friedensverträgen zum Zwecke der Sicherung 
des Anspruchs auf Zahlung der Kriegskosten stipuliert.?) (Real- 
garantie.) 4) 
Das eigentliche Sicherungsversprechen oder die völkerrechtliche cautio 
ist die Garantie. Sie besteht im allgemeinen darin, daß ein oder mehrere 
Staaten einem anderen ihre Hilfe gegen andere Staaten für den Fall einer 
Rechtsverletzung oder Bedrohung mit einer Rechtsverletzung versprechen. Sie 
ist also ihrem Wesen nach Hilfeversprechen und vertritt im Völkerrecht die 
Stelle der Bürgschaft. Von der Garantie kann zum Schutze individueller 
Interessen bestimmter Staaten oder zum Schutze der Gesamtinteressen der 
völkerrechtlichen Gemeinschaft Gebrauch gemacht werden. In der einen wie 
in der anderen Gruppe von Fällen ist die materielle Grundlage der Garantie 
eine Solidarität der Interessen. In der zweiten Gruppe gewinnt sie vom Stand- 
punkt des allgemeinen Völkerrechts und der Aufgaben der Völkergemeinschaft 
erhöhte Bedeutung. In dieser Solidarität der Interessen liegt zugleich die 
sicherste Gewähr für die praktische Wirksamkeit der Garantie. °) 
Der einfachste und gewöhnlichste Fall der Garantie ist derjenige, in dem 
es sich um die Sicherung der Beobachtung und Ausführung der Bestimmungen 
eines Vertrages®) handelt. In derlei Fällen hat die Garantie akzessorischen 
Charakter, mag das Garantieversprechen in dem Hauptvertrage oder in einem 
Nebenvertrage enthalten sein: einfache, einseitige Garantie. Die Garantie 
  
1) F. v. Martens I S. 419 bezeichnet als den vielleicht einzigen Fall die Verpfändung 
der polnischen Kronjuwelen an Preußen. S. auch Phillimore II, $ 55 über diesen Fall. 
2) Zum Unterschiede von der im Laufe des Kriegs erfolgenden Okkupation von 
Landesteilen des anderen Belligerenten. 3) Vgl. Gareis $ 74. 
4) Beispiele: Auf Grund des Vertrages vom 8. September 1808 wurden Napoleon I. 
die Festungen Küstrin, Stettin und Glogau zur Sicherung der Kriegsentschädigung übergeben. 
Auf Grund des Vertrages vom 20. November 1815 besetzten die Alliirten die östlichen De- 
partements von Frankreich zur Sicherung der Forderung von 700 Millionen Kriegskontribution. 
Auf Grund des Pıäliminarfriedens zu Versailles vom 26. Februar 1671 (bei Fleischmann 97) 
Art. III besetzte die deutsche Armee einen Teil des französischen Territoriums zur Sicherung 
der Kriegsentschädigung im Betrage von 5 Milliarden. 
5) Vgl. Geffeken, HH IILS. 111, 112. 
6) Die Erfüllung eines Bündnisvertrages war mehrfach Gegenstand der Garantie; 
so namentlich seit dem Westphälischen Frieden. Als Beispiele werden angeführt aus älterer 
Zeit die Garantie des Vertrages zwischen Frankreich und Arragonien durch England 1506 
(Rivier, Lehrb. S. 344 Anm. 3); aus neuerer Zeit wird die Garantie der Kaiserin Maria Theresia 
für den Bündnisvertrag zwischen Frankreich und Dänemark 1758 angeführt (Rivier a.a. 0. 
und F. v. Martens LS. 421).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.