Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

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2834 Viertes Buch. Mittel des rechtlichen Verkehrs der Völkerrechtssubjekte. $ 
  
4. Eintritt einer Resolutivbedingung. 
5. Verzicht des Staates auf die ihm aus einem Vertrage zustehenden 
Rechte. So verzichtete England durch Vertrag vom 29. März 1864 auf das 
ihm durch Vertrag vom 5. November 1815 eingeräumte Protektorat über die 
jonischen Inseln. 
6. Untergang des Vertragsgegenstandes oder eines der Ver- 
tragssubjekte (Aufhören des Staates). 
7. Tod des kontrahierenden Subjekts bei Verträgen, die von 
Souveränen für ihre Person abgeschlossen sind (siehe oben S. 274 Anm. i 
über pacta personalia der älteren Zeit). 
8. Die Kündigung des Vertrages, wenn diese bedungen war. Bei unbe- 
fristeten Verträgen (Einzel- und Kollektivverträgen) wird gewöhnlich die 
Kündigungsklausel aufgenommen. Ihre Formulierung ist verschieden. 
So lautet z. B. Art. 20 des Berner Vertrags vom 9. Sept. 1886 betr. die 
Union zum Schutze des literarischen und artistischen Eigentums: „Die gegen- 
wärtige Übereinkunft soll... . in Kraft bleiben bis zum Ablaufe eines Jahres 
von dem Tage an gerechnet, an welchem die Kündigung erfolgt sein wird. 
Diese Kündigung soll an die Regierung der Schweizerischen Eidgenossen- 
schaft gerichtet werden. Sie übt ihre Wirkung nur in Ansehung des 
aufkündigenden Landes aus, während die Übereinkunft für die übrigen 
Verbandsländer verbindlich bleibt“ Art. 61 des I. Abkommens der Haager 
Konferenz 1899 lautet: „Falls einer der hohen vertragschließenden Teile dieses 
Abkommen kündigen sollte, würde diese Kündigung erst ein Jahr nach 
der schriftlich an die Regierung der Niederlande ergehenden und von dieser 
allen anderen Vertragsmächten unverzüglich mitzuteilenden Benachrichtigung 
wirksam werden. Diese Kündigung soll nur in Ansehung der Macht 
wirksam sein, die sie erklärt hat.“ 
VI. Spezifisch völkerrechtliche Endigungsgründe der Staatsverträge sind 
folgende: 
1. Bruch des Vertrages (Treulosigkeit), d. h. unbefugtes einseitiges 
Abgehen des einen Teiles von dem Vertrage. In solchen Fällen kann der 
andere Teil sich sofort von dem Vertrage als entbunden betrachten. Der 
Grund hievon liegt darin, daß das Völkerrecht dem durch ein solches Ver- 
halten verletzten Kontrahenten einen rechtlichen Weg, die Erfüllung des 
Vertrages herbeizuführen, nicht eröffnet; es bleibt dem Verletzten außer der 
Entbindung von der eigenen Verpflichtung nur die Selbsthilfe als Mittel, die 
Erfüllung eventuell zu erzwingen, übrig. Geht man davon aus, daß Verträge 
unter der Voraussetzung gegenseitiger Treue abgeschlossen werden, die Treue 
also gleichsam conditio tacita des Geschäftes ist, so liegt im Bruch der Treue 
implicite eine Entbindung des anderen Kontrahenten von seiner Verpflichtung. 
— Wegen des organischen Zusammenhanges der einzelnen Vertragsbe- 
stimmungen, berechtigt der Bruch des Vertrages in einem einzelnen Punkte 
den anderen Kontrahenten zum Rücktritt von dem Vertrage überhaupt. Zur 
Vermeidung des Rücktritts wegen geringfügiger Verletzungen des Vertrages 
wird beim Abschluß die Klausel aufgenommen. daß die Verletzung einzelner
	        
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