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Fünftes Buch.
Das Staatsgebiet. Das offene Meer. Die internationalen
Flüsse, Seen und Kanäle,
$ 86. Das Staatsgebiet und seine Bestandteile !). Das Staatsgebiet
ist die physische Grundlage der staatlichen Gemeinschaft; innerhalb des Staats-
gebiets übt der Staat seine Herrschaft aus. Als Staatsgebiet gilt im Staats-
recht und Völkerrecht der durch Grenzen gegenüber den Gebieten anderer
staatlicher Gemeinschaften oder staatenlosen Gebieten abgeschlossene Teil der
Erdoberfläche, innerhalb dessen die Staatsgewalt ausschließend sich betätigt;
das Staatsgebiet kann also immer nur Gegenstand einer Staatsgewalt sein 2),
insofern sich keine andere Gewalt darin betätigen kann (negative Bedeutung
des Staatsgebietes), anderseits ist alles, was sich auf dem Staatsgebiete befindet,
der Staatsgewalt unterworfen (positive Bedeutung des Staatsgebietes). Die
Gebietshoheit ist die Staatsgewalt selbst; diese kann eben nur innerhalb
eines bestimmten Gebietes ausgeübt werden. Vermöge dieser rechtlichen
Stellung gegenüber dem Staatsgebiete ist der Staat berechtigt, jede fremde
Herrschaftshandlung auf seinem Gebiete als einen Eingriff in sein ausschließ-
liches Hoheitsrecht zurückzuweisen, soweit nicht anf Grund anerkannten Rechts-
titels anderen Staaten die Ausübung von Hoheitsrechten in Gestalt von Staats-
servituten usw. eingeräumt ist. Die Gebietshoheit ist nicht identisch mit dem
1) Heffter-Geffcken $$ 64-67; Bluntschli, Völkerrecht 88 276—277; v. Gerber,
Grundzüge $ 22; Fricker, Vom Staatsgebiet (1867); Derselbe, Gebiet und Gebietshoheit
(1901); v. Holtzendorff, HHII S. 225 ff.; F. v. Martens IS. 348 ff.; Hartmann S. 155 ff.
Gareis $ 69; v. Liszt $$ 8, 9; Rivier, Lehrb. S. 129ff.; Principes I, 135 sq.; Hall $ 30;
Westlake I, 84 sq.; Lawrence 8$ 90, 91; Phillimore I, $: 150-154; Oppenheim I,
217 eq.; Del Bon, Proprietä territoriale degli Stati (1867); Bigliati, Diritto internazionale
e dir. costituz. I, 72 sq ; Cavaglieri im Archivio giuridico (Ser. III.) Vol. 2, p. 77 sq.;
Fiore I, p. 522sq.; Brockhaus in v. Holtzendorff’s Rechtslexikon s. v. „Staatsgebiet“;
v. Inama-Sternegg, Ztschr. f. d. ges. Staatsw. XXV; v. Seydel, Bayer. Staatsrecht I
S. 269 ff.; 934 ff.;, Harburger, Inland (1882); Laband, Staatsrecht I 172ff. Derselbe
H 35ff.; Zorn I, 69ff.; Heimburger, Der Erworb der Gebietshoheit (1882); Heilborn,
System S.5ff.; Jellinek, Staatslehre, 355 ff.; Rosin, Öffentl. Genossensch. 45 ff.; Rehm,
Staatslehre 97 f. 83ff.;, Bansi, Die Gcebietshoheit (1897); v. Stengel, Annalen d.d. R
1. J. 1895, S. 493 ff.; Clauß, Lehre v.d. Staatsdienstbarkeiten (1594) S. 132 ff.; Despagnet,
Cours p. 395 sq.; Piödeli&vre, Pr&eis I p. 323 sq.; Pradier-Fode&r& II, p. 612; Nys J,
402 8q. 2) Jellinek, Staatslehre 356 ff.