Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

376 Siebentes Buch. Gemeinsamo Wirksamkeit der Staaten etc. $ 118. 
  
Jahre 1902 betreffend die strafrechtlichen Mittel der Bekämpfung des Frauen- 
handels. Das Ergebnis der Verhandlungen ist in zwei Konventionen nieder- 
gelegt; die erste beschäftigt sich mit der Schaffung der Grundlagen einer 
gleichmäßigen strafrechtlichen Repression, des Frauenhandels durch 
entsprechende Ergänzungen der nationalen Strafgesetzgebung der kontrahieren- 
den Staaten. In Art. 1 und 2 sind Tatbestände formuliert, zu deren 
Poenalisierung sich die kontrahierenden Mächte unbedingt verpflichtet haben. 
Im übrigen ist es in dem Schlußprotokoll den Landesgesetzgebungen überlassen, 
entsprechende Strafdrohungen für solche Fälle des Frauenhandels zu statuieren, 
bezüglich welcher ein Übereinkommen der Konferenzmächte nicht zustande 
gekommen ist. Das Beispiel dieser Konvention zeigt nun deutlich, wie in 
unseren Tagen die internationale Gemeinschaft den Schutz und die Pflege 
solidarischer Interessen in Angriff nimmt und wie die an dieser Gemeinschaft 
beteiligten Einzelstaaten die praktische Lösung internationaler 
Probleme durch Akte nationaler Gesetzgebungsgewalt bewirken. 
Bezüglich des Inhalts der völkerrechtlichen Imperative und der 
innerstaatlichen Normen, die jene auszuführen und im praktischen 
Leben der Einzelstaaten zu verwirklichen bestimmt sind, ist folgendes zu 
beachten: 
Wenn das Völkerrecht z. B. den Seeraub verbietet, so sagt es uns nichts 
über die Tatbestandsmerkmale dieses Delikts; ebensowenig schreibt das Völker- 
recht Strafsanktionen vor; es kann und muß sich in dieser Richtung mit der 
Forderung begnügen, daß solche Handlungen überhaupt verfolgt und bestraft 
werden. Ähnliches ergibt das obige Beispiel der Pariser Beschlüsse betreffend 
die strafrechtliche Bekämpfung des Frauenhandels. Hier heißt es in Art. 1 
und 2 übereinstimmend bloß Doit etre puni usw. Während aber beim See- 
raub bezüglich des Tatbestandes der uralte Imperativ des Völkerrechts sich 
auf die bloße Bezeichnung des Verbrechens beschränkt, begegnen wir in den 
zitierten Art. 1 und 2 der Pariser Beschlüsse schon einer ziemlich eingehen- 
den Beschreibung des Tatbestandes. Ebenso entliält Artikel 2 des Kabel- 
schutzvertrages eine Feststellung der Merkmale der dolosen und kulposen 
Beschädigung der Kabel, deren Bestrafung die kontrahierenden Staaten auf 
sich nehmen. In Art. 5 der Antisklavereiakte verpflichten sich die Kontra- 
henten, ihre Gesetze über Verbrechen gegen die persönliche Freiheit auf die 
Veranstalter und Teilnehmer von Menschenjagden auszudehnen. Dagegen ver- 
pflichten sich die Kontrahenten der Reblauskonvention zur gesetzlichen Rege- 
lung von administrativen Maßregeln zur Bekämpfung usw. der Reblaus und 
zum Erlaß von „Vorschriften für den Fall der Verletzung der an- 
geordneten Maßregeln“ (Ziffer 3 des Art. 1 der Konvention). — Völker- 
rechtliche Bestimmungen und ähnlicher Art sind also den sog. Rahmengesetzen 
vergleichbar. Der Rahmen kann, wie die obigen Beispiele zeigen, weiter oder 
enger sein. Ob das eine oder das andere, — darüber entscheidet wohl in letzter 
Reihe die Natur des Gegenstandes. Der Rahmen wird ein engerer sein, wenn 
die Wirksamkeit des angestrebten Schutzes nicht nur in der Repression gegen 
betreffende Tatbestände überhaupt, sondern in der gleichmäßigen Repression
	        
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