384 Siebentes Buch. Gemeinsame Wirksamkeit der Staaten etc. $ 120.
Gerichts zur Prüfung des materiellen Verhältnisses des Urteilsinbalts zu den
Normen der inländischen Rechtsordnung darf jedoch nicht in einer Art gehand-
habt werden, daß die Zwecke der Rechtshilfe praktisch vereitelt würden. Dieser
unerwünschte Erfolg würde aber eintreten wenn das ersuchte Gericht berechtigt
wäre, die Vollstreckung zu versagen, weil der formalisierte Anspruch nach in-
ländischem Recht gar nicht klagbar ist, betreffende Rechtsgeschäfte nach dem
inländischen Zivilrecht verboten bezw. unzulässig sind. Die Grenzen, in denen
sich das ersuchte Gericht zu bewegen hat, sind in Gesetzen und Verträgen
verschieden gezogen. Die der französischen Jurisprudenz entlehnte Formel,
nach der das ersuchte Gericht die Übereinstimmung des zu vollstreckenden
ausländischen Urteils mit den geltenden Regeln des öffentlichen Rechts (regles
du droit public) und den Interessen der öffentlichen Ordnung (interöts de l’ordre
public) festzustellen hat, ist, zu allgemein !) gefaßt. Neuere Gesetze und Verträge
suchten eine deutlichere Formel aufzustellen, so vor allem das Rechtshilfegesetz
für den Norddeutschen Bund, nach dem die Rechtshilfe zu versagen ist, wenn
eine Handlung des Gerichts, einer Partei oder eines Dritten beantragt wird,
deren Vornahme nach dem für dieses Gericht geltenden Rechte verboten ist.
Die deutsche CPO verbietet die Erlassung eines Vollstreckungsurteils, wenn
durch die Vollstreckung eine Handlung erzwungen werden würde, welche nach
deutschem Rechte nicht erzwungen werden darf. In demselben Gedanken-
gange bewegt sich der Österreichisch-serbische Rechtshilfevertrag (gesetzliche
Unzulässigkeit).
Im ganzen muß hier daran festgehalten werden, daß es sich eben um
Vollstreckung eines ausländischen Urteils, nicht um eine Revision der durch
Urteil entschiedenen Streitsache handelt.
yy) Die Vollstreckung wird nur zulässig sein, wenn der das Prozeßrecht
beherrschende Grundsatz des beiderseitigen Gehörs in dem dem Urteile
zu Grunde liegenden Verfahren gewahrt worden ist. Da richtigerweise auch
Kontumazialurteile der Vollstreckung zugänglich sein sollen, so wird im Sinne
jenes Grundsatzes an der Forderung festzuhalten sein, daß dem Beklagten die
Möglichkeit gegeben war, sich gegen die Klage im Verfahren zu verteidigen.
Selbstverständlich handelt es sich auch hier nicht um eine Revision des Ver-
fahrens, sondern lediglich um die Wahrung des obigen Grundsatzes, die durch
eine wirkliche (nicht bloß fiktive) Ladung (Zustellung) bedingt ist; daher hat
die konventionelle Regelung jedenfalls auch das Erfordernis ordnungsmäßiger
Ladung bezw. Zustellung und zwar nicht bloß im Gebiete der kontrahierenden
sondern auch dritter Staaten zu umfassen.2) Der österreichisch-serbische Ver-
trag kommt dieser Forderung teilweise nach, indem nach Art. 9 Ziffer ı die
Zustellung nur dann als ordnungsmäßig anzusehen ist, wenn die den Prozeß
einleitende gerichtliche Verfügung dem Beklagten in dem Gebiete, wo das Er-
kenntnis gefällt wurde, persönlich oder in dem Gebiete des anderen vertragenden
Teiles durch die darum ersuchte zuständige Behörde zugestellt worden ist.
1) Vgl. zur Charakteristik dieser Begriffe Asser in der R VII 389. Siehe auch Meili
Z, 1 165; Niemeyer, Vorschläge und Materialien u. s. w. 62.
2) Siehe Lammasch, HH 11I 421 ff. Art. 9 österr-serbischer Vertrag.