$ 133. Schutz der Freiheit der Person. 403
handels durch einzelstaatliche und internationale Maßregeln wurde durch eine
mächtige, von England und Nordamerika ausgehende Bewegung angeregt und
von dieser Seite wesentlich gefördert. Der Charakter dieser Aktion, die einen
Bestandteil der Antisklavereibewegung überhaupt bildet, hatte wie
diese selbst zunächst einen philanthropischen Charakter. Ein von dem
sittlichen Bewußtsein weiter Kreise getragener, mit nationaler und konfessio-
neller Eigenart nicht weiter zusammenhängender sittlicher Gedanke gestaltete
sich zu einem staatliche, nationale und konfessionelle Grenzen durchbrechen-
den humanen Motiv für das praktische Verhalten der zur Rechtsbildung
berufenen Faktoren, und führte auf dem Boden unserer heutigen Zivilisation
zu jenem kollektiven Eingreifen der Staaten, mit dem in so vielen
Richtungen schon heute mancher mächtige Erfolg im Dienste der Menschlich-
keit und Humanität verknüpft ist. Jene wesentlich ethische Bewegung fand
ihren Abschluß in einer schrittweisen Aktion der Mächte, die auf kollektivem
Wege und durch die damit zusammenhängenden einzelstaatlichen Maß-
regeln (gesetzgeberischer und polizeilicher Natur) die rechtlichen Bedingungen
der Erreichung des humanen Zieles geschaffen hatten. Die Stimme des sitt-
lichen Bewußtseins der zivilisierten Völker kam in den Verhandlungen des
Wiener Kongresses 1815 zum Ausdruck. Die in der 15. Beilage der Kongreß-
akte enthaltene Erklärung der Mächte bezeichnet den Handel mit afrikanischen
Negern comme repugnant aux principes d’humanite et de morale universelle.
Im übrigen erklärten die Mächte es als ihre Pflicht, durch entsprechende
Maßregeln das Übel zu beseitigen!) Es handelt sich hier in der Tat um
eine Aufgabe der zivilisierten Staaten, deren Lösung in letzter Reihe sich aus
den humanen Anschauungen ergibt, auf denen ihre eigene Rechtsordnung be-
ruht. Die Maßregeln gegen den Sklavenhandel haben wesentlich die Bedeu-
tung eines Mittels der Verwirklichung der Konsequenzen jener prinzipiellen
Grundlage unserer Rechtskultur; die Mächte liefern nur einen Beitrag zu den
Mitteln des rechtlichen Schutzes der persönlichen Freiheit. Für die nächste
und entfernte Zukunft erübrigt den zivilisierten Staaten nur die Aufgabe, die
Wirksamkeit der vorhandenen Mittel der Bekämpfung des Sklavenhandels zu
sichern und zu erhalten, eventuell auch auszudehnen. Dies zeigt vor allem
ein Vergleich der letzten Aktion in dieser Frage (der Brüsseler General-
akte 1890) mit dem ersten Kollektivakt (dem sog. Quintupelvertrag v. J. 1841).
Darüber hinaus dürften kaum weitere Probleme hervortreten; es handelt sich
eben nurmehr um den Schutz eines normalen Zustandes, der mit den Grund-
lagen der zivilisierten Rechtsordnungen und der internationalen Rechtsordnung
zusammenhängt und gerade um deswillen konstante Herrschaft beansprucht.
le trafic des eselaves et la conference antiesclavagiste RXXII, 316sq., 454sq.; Desjardins,
La France, l’esclavnge africaine etc, Revue de deux mondes 1591; Rolin-Jaequemyns R
XXI, 371sq.; Rivier, Prineipes I, 374sq.; Pradier-FodeEr6 $$ 25lösg.; Levy, La traite
des noirs et les puissances (1594); de Montardy, La traite et le dr. intern. (1899); Oppen-
heim I, p. 321, 347; Descamps, L’ Afrique moderne, 212, 542, 550; Bonfils Nr. 39$ sg.
1) Weder der zweite Pariser Frieden (20. Nov. 1815), noch die Verhandlungen in London
1617, 1818, Aachen 1515 und Verona 1822 führten zu einem positivrechtlichen Ergebnis.
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