412 Siebentes Buch. Gemeinsame Wirksamkeit der Staaten etc. 8 150.
dem internationalen Amte in Bern eingeführt und einige Bestimmungen des
Vertrages vom Jahre 1883 abgeändert. — Dieses Bureau publiziert eine
periodische Zeitschrift unter dem Titel: „La propriete industrielle“.
$ 138. 5. Bildungswesen !.. Auch diese wichtige Aufgabe der Kultur-
staaten ist in neuester Zeit in den Bereich internationalen Vertragsrechts ge-
treten. Die betreffenden Bestrebungen kommen derzeit nur in Einzelverträgen
zum Ausdruck, so z. B. in dem Vertrage des Deutschen Reiches mit Griechen-
land vom 25. April 1874 betreffend die Ausgrabungen in Olympia. Mit den
Interesse der Kulturstaaten an dem obligatorischen Volksschulunterricht hängen
internationale Stipulationen zum Zwecke der gegenseitigen Unterstützung der
kontrahierenden Staaten in der Ausübung des Schulzwangs zusammen; so der
französisch-schweizerische Vertrag vom 14. Dezember 1887.
$ 139. 6. Die Gesundheitspflege 2). I. Während die Kulturstaaten auf
den mit dem ökonomischen Gemeinwohl zusammenhängenden Gebieten ein
ziemlich entwickeltes Vertragsrecht aufweisen, kann ein gleiches von dem
mindestens ebenso wichtigen Zweige der Verwaltung, nämlich der Gesund-
heitspflege, nicht gesagt werden Die kollektive Tätigkeit der Staaten be-
ginnt hier mit schwachen Versuchen erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrh., als auf
Initiative Napoleons III. zwischen den Mittelmeerstaaten, Großbritannien, Ruß-
land, Portugal 1852 eine Sanitätskonvention zur Verhütung der Einschleppung
von Epidemien aus dem Orient vorbereitet wurde). Dabei kam schon der
Gedanke zur Geltung, daß eine hygienisch wirksame Bekämpfung der Epi-
demien nur möglich ist durch Anwendung von Maßregeln, die sich auf eine
offizielle internationale Beaufsichtigung der Gesundheitsverhältnisse in den
Ursprungsländern der Epidemien stützen‘), Diesem Gedanken entsprach die
Errichtung internationaler Sanitätsämter in Konstantinopel und Alexandrien.
Seither tagten internationale Sanitätskonferenzen in Paris 1859, Konstantinopel
1866, Wien 1873, Rom 1585, Venedig 1892, Dresden 1893, Paris 1894, Venedig
1896—1897, Paris 1903. Im ganzen sind die Erfolge dieser Bestrebungen
nur von geringer Bedeutung. Insbesondere wurde die Frage der Bekämpfung
der in den Kriegen der Neuzeit so verderblich um sich greifenden Kriegs-
epidemien (Cholera, Flecktyphus, Blattern usw.) bis 'jetzt nur theoretisch 5)
in Erwägung gezogen. Im Hinblick auf die Unmöglichkeit der Lösung der
1) Vgl. F. v. Martens II S. 136 ff.; Rivier, Principes 1 325. Siehe auch Stein,
Verwaltungslehre 382 ff.
2) F. v. Martens II S. 200 ff.; Perels Intern. Öffentliches Seerecht S. 137 ff.; Pra-
dier-Fod&re IV $ 2257 sq.; Rivier, Prineipes Ip. 358 sq.; Gareis$ 60, A. Zorn, Völker-
recht 205 ff.; v. Liszt & 33.
3) Die Konvention vom 2. Februar 1553 wurde jedoch nicht ratifiziert.
4) Seither wurde auf den Konferenzen zu Dresden 1893 und Paris 1894 die Unwirk-
samkeit der traditionellen Quarantäneanstalten wiederholt betont.
5) Von Ullmann, Revue de dr. intern. XI p. 527 sq. und Revue generale de dr.
intern. public IV p 437 sq. Zustimmend u. a. Rivier, Principes I p. 359; Triepel, Die
neuesten Fortschritte auf dem Gebiete des Kriegsrechts (1694) S. 24; neuestens Oppenheim
I, 531, Anın. 5; vgl. auch die Bedenken von Moynier, Bulletin intern. des soc. de secours
etc. No. 42 p. 48.