Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

446 Achtes Buch. Die intern. Streitigkeiten u. deren Erledigung etc. $ 154. 
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Souverän, das Oberhaupt einer Republik, ein Gerichtskollegium, eine juristische 
Fakultät oder einen Privatmann wählen. Das Schiedsgericht kann auch so 
bestellt werden, daß die Streitteile durch Bevollmächtigte, die ihre Staats- 
angehörigen sind, vertreten werden: sog. schiedsrichterliche Kommis- 
sionen. — Die rechtliche Grundlage der Berufung zum Schiedsamt ist der 
Vertrag der Streitteile mit dem Schiedsrichter — receptum arbitri —, wodurch 
dieser sich verpflichtet, das ihm angebotene Amt zu übernehmen und dem 
Inhalte des Schiedsvertrages gemäß in der Sache einen Schiedsspruch zu fällen. 
2. Die Entscheidung der Streitteile für die schiedsrichterliche Erledigung 
des Streitfalles begegnet oft Schwierigkeiten: aus Erwägungen der Ehre will 
keine Regierung vor der anderen sich entschließen und den ersten Schritt 
unternehmen. Dagegen läßt sich nicht bestreiten, daß eine ständige Ein- 
richtung, welche den Zweck hat, dem offenbar vorhandenen Bedürfnis nach 
einer leichter zugänglichen Justiz zu dienen, auf Seite der Mächte die Neigung 
zu friedlicher Austragung ihrer Streitigkeiten durch rechtliche Entscheidung 
wesentlich zu steigern geeignet ist. So gelangte die HK zur Organisation 
des ständigen Schiedshofs, u. z. im Sinne voller Wahrung des Prinzips 
der Souveränetät der einzelnen Staaten: der ständige Schiedshof ist 
nicht obligatorisch (Art. 42. Das F A sucht aber die Motive, die schon 
mit der Existenz dieser ständigen Einrichtung gegeben sind, noch durch eine 
weitere Einrichtung: die Erinnerungspflicht der Neutralen, intensiver 
zu gestalten. Den praktischen Wert dieser Einrichtung suchte man dadurch 
zu erhöhen, daß man (wie bei der Vermittelung) die Erklärung beigefügt hat, 
daß die Erinnerung (rappel) einen in dem höheren Interesse des Friedens 
erteilten Rat bedeute und immer nur als Betätigung guter Dienste angesehen 
werden könne !). " 
Der ständige Schiedshof, Cour permanente d’arbitrage, ist kein Gericht; 
das Schiedsgericht, Tribunal d’arbitrage, wird vielmehr erst im Rahmen jener 
ständigen Einrichtung von Fall zu Fall gebildet. Beides ist daher genau 
auseinanderzuhalten 2). 
Das Wesen des Schiedshofs kann dahin bezeichnet werden, daß im Haag — 
  
1) Diese Bestimmungen des Art. 27 FA 1899 wurden in dem jetzigen Art. 48 bei- 
behalten und durch den Zusatz (Abs. 3) ergänzt: „Im Falle eines Streites zwischen zwei 
Mächten kann stets eine jede von ihnen an das Internationale Bureau eine Note richten, 
worin sie erklärt, daß sie bereit sei, den Streitfall einer Schiedssprechung zu unterbreiten. 
Das Bureau hat die Erklärung sogleich zur Kenntnis der anderen Macht zu bringen.“ Die 
Aufnahme dieses Zusatzes in das FA hängt mit der Erfahrung zusammen, daß die Streitteile 
sich oft schwer zu gemeinsamem Handeln entschließen. Die neue Bestimmung erleichtert 
ihnen den Entschluß, eine friedliche Beilegung des Streites anzubahnen, durch die Möglich- 
keit, eine betreffende Erklärung durch Vermittlung des Internationalen Bureaus dem Gegner 
zukommen zu lassen. 
2) Die dem FA zugrunde liegende Organisation der ganzen Einrichtung entspricht 
durchaus den mit der Natur der internationalen Gemeinschaft und der Souveränetät ibrer 
Mitglieder gegebenen Konsequenzen. Juristisch steht das im Rahmen des ständigen Schieds- 
hofs gebildete Schiedsgericht dem freien Schiedsgericht vollkonmen gleich; sein jurisdiktio- 
nelles Recht beruht lediglich auf der Autorität der Streitteile, durch deren autonomen Willens- 
akt -- den Schiedsvertrag — es zur rechtlichen Erledıgung der Sache berufen wird.
	        
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