Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

& 155. Fortsetzung. Das schiedsgerichtliche Verfahren. 449 
  
bereits ausgebrochenen Konflikts abgeschlossener Vertrag in der Regel zugleich 
die Bedeutung jener besonderen Urkunde, die Art. 52 FA ins Auge faßt, ob- 
wohl es nicht ausgeschlossen ist, daß die Formulierung des Inhalts dieser 
Kompromißurkunde einem besonderen Schriftstück vorbehalten wird. 
Der an die Stelle des Art. 31 getretene Art. 52 normiert den Inhalt des Kompromisses 
viel umfassender: die Urkunde muß nämlich den Streitgegenstand, die Frist für die Ernennung 
der Schiedsrichter, die Form, die Reihenfolge und die Fristen für die in Art. 63 vorge- 
sehenen Mitteilungen sowie die Höhe des von jeder Partei als Kostenvorschuß zu hinter- 
legenden Betrags bestimmen. Gegebenen Falles bestimmt diese Urkunde auch die Art der 
Ernennung der Schiedsrichter, alle etwaigen besonderen Befugnisse des Schiedsgerichts, dessen 
Sitz, die Sprache, deren es sich bedienen wird, und die Sprachen, deren Gebrauch vor ihm 
gestattet sein soll, sowie überhaupt alle Punkte, worüber sich die Parteien geeinigt haben. 
Der ausdrückliche Hinweis auf „alle etwaigen besonderen Befugnisse des Schieds- 
gerichts“ lenkt die Aufmerksanıkeit der Parteien auf jene Schwierigkeiten, die eich im 
einzelnen Falle aus der Anwendung des Grundsatzes des Art. 73 (identisch mit Art. 48 FA 
1899) ergeben könnten. Nach diesem Grundsatze ist das Schiedsgericht befugt, seine Zu- 
ständigkeit zu bestimmen. Eine sorgfältige Formulierung der Befugnisse des Schiedsgerichts 
wird jener Gefahr für das schiedsgerichtliche Verfahren vorbeugen, die dann hervortritt, wenn 
eine Partei mit der Auslegung des Vertrags durch das Schiedsgericht nicht einverstanden ist. 
Die HK 1907 suchte aber noch durch besondere Bestimmungen das sichere Zustande- 
kommen eines Kompromisses zu fördern. Art. 53 FA 1907 normiert nämlich die Zustän- 
digkeit des ständigen Schiedshofs für die Feststellung des Kompromisses 
für den Fall, wenn die Parteien darin einig sind, ihm die Feststellung des Kompromisses zu 
überlassen; ferner ist der Schiedshof auf Autrag auch nur einer der Parteien zuständig, 
wenn zuvor eine Verständigung vergeblich versucht worden ist und es sich um einen der 
zwei in Art. 53 Abs. 3 bezeichneten Streitfälle handelt. 
Nach Art. 83 FA können sich die Parteien im Schiedsvertrag vor- 
behalten, die Nachprüfung (Revision) des Schiedsspruchs zu beantragen; gleich- 
zeitig ist die Frist zu stipulieren, innerhalb deren der Nachprüfungsantrag 
gestellt werden soll. 
III. Die Parteien haben das Recht, bei dem Schiedsgerichte Delegierte oder Agenten 
zu bestellen, die zwischen ihnen und dem Schiedsgericht als Mittelspersonen zu fungieren 
haben. Sie können ferner mit der Wahrnehmung ihrer Rechte und Interessen vor dem 
Schiedsgerichte Rechtsbeistände oder Anwälte betrauen. 
IV. Das Schiedsverfahren gliedert sich regelmäßig in das Vorverfahren 
und die Verhandlung. 
1. Das Vorverfahren umfaßt die Aktenproduktion. Die einschlägigen Bestim- 
mungen der Art. 63, 64, 67 FA dienen augenscheinlich dem Streben, eine möglichst er- 
schöpfende Grundlage für eine sachgemäße Entscheidung zu schaffen. Schiedsgericht und 
Parteien sind in der Lage, für den materiellen Prozeßzweck zusammen zu wirken. Die Folgen 
des passiven Verhaltens der Parteien tragen diese selbst. 
2. Die Verhandlung (Art. 66 ff.) besteht in den mündlichen Vorträgen der Parteien; 
sie ist nur dann öffentlich, wenn unter Zustimmung der Parteien ein betreffender Beschluß 
ergeht. Über den Gang und Inhalt der Verhandlung wird ein Protokoll von Sekretären, 
die der Vorsitzende ernennt, aufgenommen. Nur dieses Protokoll hat öffentliche Beweiskraft. 
— Die Agenten und die Rechtsbeistände sind berechtigt, mündlich alle Rechtsbehelfe vor- 
zubringen, die sie zur Verteidigung ihrer Sache für nützlich halten; sie haben auch das Recht, 
Einreden und einen Zwischenstreit zu erheben. Darüber ergehende Entscheidungen 
sind endgültig und schließen jede weitere Erörterung aus. — Den Zwecken der Beweisauf- 
aufnahme dient insbesondere das Recht der Mitglieder des Gerichts, an die Parteien Fragen 
zu stellen und von ihnen Aufklärungen zu verlangen. Die Fragen und Bemerkungen der 
Ullmann, Völkerrecht. 29
	        
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