8 175. Subjekte des Kriegsstandes. 477
mäßig Anspruch auf Behandlung nach Kriegsrecht (d. i. als Kriegspartei)
haben, ist derzeit durch das HKR positivrechtlich beantwortet. Hiernach
kann die bewaffnete Macht bestehen aus Kombattanten und Nichtkom-
battanten. Kombattanten sind nach den landesrechtlichen Normen über
das Wehrsystem und die Organisation der staatlichen Streitkräfte allerdings
verschiedene Gruppen von Personen, im allgemeinen jedoch immer nur vom
Staate zum Kampf beauftragte bezw. autorisierte Personen. Hieher gehören
die Mitglieder des eigentlichen Heeres (die Land- und Seetruppen), die Milizen,
die Landwehr und der Landsturm. Das HKR stellt die Voraussetzungen fest,
unter denen für Streitkräfte, die nicht zum Heer im engeren Sinne gehören,
bezw. je nach den Landesgesetzen an Stelle eines stehenden Heeres die staat-
liche Streitmacht bilden, die Gesetze, die Rechte und Pflichten des Krieges
gelten. Diese Streitkräfte werden in Art. 1 HKR unter der Bezeichnung
Milizen und Freiwilligen-Korps zusammengefaßt. Die Voraussetzungen
ihrer Gleichstellung mit dem Heere sind: 1. daß jemand an ihrer Spitze steht,
der für das Verhalten seiner Untergebenen verantwortlich ist, 2. daß sie ein
bestimmtes aus der Ferne erkennbares Abzeichen tragen, 3. daß sie die Waffen
otfen führen und 4. bei ihrer Kriegführung die Kriegsgesetze und Gebräuche
beobachten. ) — Als Kriegführende sollen ferner nach Art. 2 HKR in Fällen
einer Massenerhebung der Bevölkerung eines nicht besetzten Gebietes die an
der Erhebung Teilnehmenden behandelt werden, wenn sie bei der An-
näherung der eindringenden Truppen aus eigenem Antriebe zu den Waffen
greifen, ohne Zeit gehabt zu haben, sich nach Art. 1 HKR zu organisieren.
Voraussetzung ist auch hier, daß sie die Waffen offen führen und die Gesetze
und Gebräuche des Krieges beobachten. ?)
Zur bewaffneten Macht gehören als Nichtkombattanten die Beamten
der Militär-Intendantur, andere Militärbeamte, die Militärgeistlichen, Ärzte,
Vertreter neutraler Mächte?) usw. Man rechnet zu dieser Kategorie auch die
Lieferanten, die Marketender und die mit Erlaubnis des Oberkommandos dem
Heere folgenden Zeitungskorrespondenten. Diese Personen dienen dem Kriegs-
zweck; sie dürfen aber nicht absichtlich verwundet oder getötet werden; sie
haben im Falle der Gefangennahme wie die Kombattanten Anspruch auf Be-
handlung als Kriegsgefangene (Art. 3 HKR). Dem Sanitätspersonal ist im
heutigen Recht im Interesse des Wohles der verwundeten Krieger eine Aus-
nahmsstellung gewährleistet.
IH. Eine Verstärkung der bewaffneten Macht im Seekriege erfolgte in
früherer Zeit durch die Autorisierung von Privatpersonen seitens der Regierung
1) Vgl. Rolin, R III, 308. In einzelnen Staaten hatte man schon vorher durch mili-
tärische Organisation des Landsturmes vurgesorgt. Vgl. z. B. d.d. Reichsg. über den
Landsturn v. 12. Febr. 1875 und das an dessen Stelle getretene Ges. betr. Änderungen der
Wehrpflicht v. 11. Febr. 1888. '
2) Über die Verhaudl. d. HK. über levce en masse vgl. A. Zurn 40ff.; Meurer, HFK
II, ö6ff.; Oppenheim, II, $ Su.
3) Über die Stellung neutraler Militärbevollmächtigter vgl. meine Abhdlg. in Deutsche
Juristen-Ztg. XI, 787.