4718 Achtes Buch. Die intern. Streitigkeiten u. deren Erledigung etc. 8 176.
zur Ausrüstung von Privatschiffen für Kriegszwecke und zur Beteiligung an
dem Kriege unter der Flagge des Staats. Es sind dies die Kaper oder
Korsaren, deren Verwendung im Kriege geschichtlich mit der Erteilung von
Repressalien- und Markebriefen (lettres de marque) zusammenhängt; seit
dem Jahre 1815 bei den europäischen Mächten außer Gebrauch, wurde diese
Einrichtung durch die Pariser Seerechtsdeklaration vom 16. April 1856
abgeschafft. Für diejenigen Staaten, welche der Seerechtsdeklaration nicht
beigetreten sind, gelten die durch die neuere Praxis u. s. w. ausgebildeten
Grundsätze Hiernach kann der Kaper nur von einem Staate ermächtigt
werden; dagegen kann die Ermächtigung gegen zwei oder mehrere Staaten
erteilt werden. Die Ermächtigung begründet die Verantwortlichkeit des
Kapers gegenüber dem ermächtigenden Staat, dessen Kriegsgesetzen der Kaper
unterliegt; der ermächtigende Staat ist für das Verhalten dieser einen Teil
seiner Kriegsmarine bildenden Streitkräfte verantwortlich. Läßt sich ein
Kaper von mehreren Staaten, insbesondere von den beiden Kriegsteilen auto-
risieren, so kann er als Seeräuber behandelt werden. — Die Erteilung von
Kaperbriefen erfolgt regelmäßig nur an die eigenen Staatsangehörigen. Der
von einer ihm fremden Regierung autorisierte Kaper kann als Seeräuber be-
handelt werden. — Durch das Abkommen (VID) der HK 1907 ist derzeit die
Verstärkung der Seestreitkräfte durch Umwandlung von Kauffahrteischiffen
in Kriegsschiffe positivrechtlich geregelt (siehe unten unter Kriegsmittel im
Seekriege).
IV. Militärkouriere, d. s. Personen, welche die Korrespondenz im
Felde mit den Befehlshabern und den Subalternen zu besorgen haben, gehören
zur Kriegsmacht; sie unterliegen der Kriegsgefangenschaft; die Depeschen
können ihnen abgenommen werden. Dagegen sind sie sowie ihre Depeschen
usw., unverletzlich, wenn sie bei Verhandlungen der Streitteile die Korrespondenz
vermitteln. — Parlamentäre, d.s. Abgesandte des einen Kriegsteils an den
andern, gehören gleichfalls zur Kriegsmacht (S. über deren rechtliche Stellung
Näheres unten S. 489).
$ 176. Erlaubte und unerlaubte Mittel der Kriegführung'). I. Die
Unterscheidung von erlaubten und unerlaubten Mitteln der Krieführung ist
eine der wertvollsten Errungenschaften des usus in belle. Die Völkersitte
verbietet den Gebrauch gewisser Kriegsmittel; Verletzungen dieser Sitte ziehen
die Anwendung gleicher Gewaltmaßregeln gegen den Urheber der Verletzung
nach sich. Im ganzen findet die Gewaltanwendung durch die heute betonte
Auffassung des Krieges als Mittel zur Erreichung eines bestimmten Zweckes
eine Einschränkung; die Gewaltanwendung findet ihre Grenze in der Erreichung
1) Lueder, HH IV 388ff.; Perels, Internationales öffentliches Seerecht 192ff.; Heffter-
Geffcken $8$ 125, 126; v. Mohl, Staatsrecht, Völkerrecht, Politik I; F. v. Martens II 489ff.;
L. Neumann, Grundriß 108ff.; Rivier, Lehrb.; Derselbe, Principes II, 260 sq.; Gareis,
8 85; v. Liszt, $ 40 III; Bonfils, Nr. 1068 sq.; Fiore, UI p., 1317 sq.; Pillet, 85 sq.;
Oppenheim, II 88 107ff., 149ff.; Buzzatti, L’offessa e la difesa nella guerra secondo i
moderni ritrovati (1888). — Petersburger Deklaration Artt. 12—14; Manuel des Instituts für
internat. Recht Artt. 4, 7—9.; HKR Art. 22ff. Darüber insbes. A. Zorn, 127ff. und dessen
Kriegsmittel und Kriegführung nach den Bestimmungen der Haager Konferenz 1899 (1902).