8 179. Die Verwundeten, Kranken u. Schiffbrüchigen im Scekriege. 487
7. Anwendbarkeit und Ausführung der Konvention. Die Bestimmungen
der Art 24 bis 26 gehören unter die allgemeinen Bestimmungen (Art. 29 sq.); sie wurden
jedoch in unmittelbare Beziehung zu den materiellen Bestimmungen gebracht, weil sie den
Normenkomplex namhaft machen, welcher den Truppen in der Form eines Auszugs oder
Reglements zur Kenntnis gebracht werden soll. — Die Konvention bindet nur die Signatare,
u. z. 80 lange, als sie in dem Vertragsverhältnisse bleiben. — Zum Zwecke der Ausführung
haben die Signatare Instruktionen für die Hecresverwaltung zu erlassen (Art. 25).
$. Strafrechtliche Maßregeln zur Verhütung des Mißbrauchs des Kon-
ventionszeichens und anderer strafbarer Handlungen!) (Art. 27, 25). Die kollek-
tive Behandlung des vorliegenden Gegenstandes hat den Mächten Anlaß gegeben, internationale
Normen zu schaffen, welche die Signatare verpflichten, ihre Strafrechtsordnung in bestimmter
Richtung zu ergänzen bezw. neue strafrechtliche Bestimmungen in ihre Strafgesetzgebung auf-
zunehmen. Es handelt sich hier insbesondere um Verhütung des Gebrauchs des roten Kreuzes
auf Fabriks- und lIandelsmarken. Um den in Aussicht genommenen Schutz wirksam zu ge-
stalten, bedurfte es eines absoluten Verbots, welches in den Staaten der Signatarmächte
eine gleichartige Grundlage für deren strafrechtliche Bestiminungen bilden muß. Gleichartige
strafrechtliche Bestimmungen sind aber auch noch in anderer Richtung nötig. In Art. 28
verpflichten sich die Signatare zur Erlassung von Strafdrohungen gegen Plünderung und
Mißhandlung von verwundeten und kranken Kriegern, ferner zur Bestrafung der miß-
bräuchlichen Verwendung der Fahne oder Armbinden des roten Kreuzes durch
Militärpersonen oder solche Privatpersonen, die den Schutz der Konvention nicht genießen.
Die Signatare haben spätestens binnen fünf Jahren die von ihnen getroffenen strafrechtlichen
Maßregeln durch Vermittelung des schweizerischen Bundesrats sich gegenseitig mitzuteilen.
9. Bezüglich der Erledigung von Streitigkeiten über die Auslegung der Kon-
vention entschied man sich nicht für die obligatorische Schiedsklausel, sondern es wurde
lediglich der Wunsch im Schlußprotokoll ausgesprochen, daß derlei Streitfälle dem Haager
Schiedshof vorgelegt werden mögen, wenn der Fall und die Umstände dies erlauben
und es sich um eine Kontroverse handelt, die in Friedenszeiten hervorgetreten ist.
$ 179. Fortsetzung. Die Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen
im Seekriege. I. Innerhalb der Reformbestrebungen auf dem vorliegenden
Gebiete trat der Gedanke der Anwendung der Genfer Konvention auf den
Seekrieg schon frühzeitig hervor. Die von der Genfer Konferenz 1868 be-
schlossenen Additionalartikel2) (s. oben S. 483 Anm. 2) wurden jedoch nicht
ratifiziert, da ein Teil der Artikel als praktisch nicht anwendbar erkannt
wurde. Die Doktrin hatte dagegen die wichtige Angelegenheit im Auge be-
halten3). Durchaus sachgemäße Erwägungen beherrschten die Verhandlungen
der HK 1899), deren Ergebnisse in dem Abkommen, betr. die Anwendung der
Grundsätze der Genfer Konvention vom 22. August 1864 auf den Seekrieg,
niedergelegt wurden. Inzwischen wurde die Konvention von 1864 durch die
revidierte Konvention vom 6. Juli 1906 ersetzt; es ergab sich daher die Not-
wendigkeit, das Abkommen vom 29. Juli 1899 mit der revidierten Genfer
Konvention in Einklang zu bringen und zu vervollständigen. Dabei wurden
die zweckentsprechenden Bestimmungen des Abkommens von 1899 in das
neue Abkommen vom 18. Oktober 1907 (Abk. Nr. X) zumeist unverändert auf-
genommen. Neue Bestimmungen ergeben sich im Anschluß an die Konvention
1) Vgl. Annuaire, XIV, 17 sq.; Buzzati, De l’emploi abusif du signe et da nom de
la Croix - Ronge (1890). — Vgl. auch Deutsches Reichsgesetz vom 22. März 19u2 (RGBil. 125);
österreichisches Gesetz vom 14. April 1903 — dazu v. Roszkowski, R. N. F. VI, 76, 88.
2) Abgedruckt bei Meurer, HFK II 345 ff. 3) Vgl. Lammasch Z XI 29 ff.
4) S. die Verhandlungen bei Meurer, HFK II, 848 ff.