Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

492 Achtes Buch. Die intern. Streitigkeiten u. deren Erledigung etc. § 122. 
  
dringen sucht. Allein schon in dem Vertrage mit Rußland von 1$01 (dem Schweden und 
Dänemark beitraten) wußte England durchzusetzen, daß der Passus der bewaffneten Neutra- 
lität: vaisscaux arretes et suffisamment proches in v. a. ou 8. p. abgeändert wurde, so daß 
der Hafen auch dann als blokiert anzusehen ist, wenn die Schiffe der blokierenden Macht 
sich nur in der Nähe des Hafens befinden, ohne daß sie zugleich daselbst stationiert 
sein müssen. In den nun folgenden Kriegen kam die fiktive Blokade wieder in volle 
Übung. !) Der Wiener Kongreß beschäftigte sich mit der Frage nicht. Seither kam jeduch 
der Grundsatz, daß die Blokade effektiv sein müsse, in den Verträgen der Mächte allgemein 
zur Anerkennung und wurde auch tatsächlich beobachtet. Frankreich griff sogar auf die Be- 
schlüsse der zweiten bewaffneten Neutralität bezüglich des Erfordernisses der Verwamung des 
neutralen Schiffes seitens «des Kommandanten der blokierenden Streitmacht zurück. In den 
Verhandlungen des Pariser Kongresses von 1656 wurde die Frage der Anerkennung des 
Grundsatzes der Effektivität der Blokade in Punkt 1V der Seerechtsdeklaration entschieden: 
„Les blocus pour ötre obligatoires, doivent ötre effectifes, c’est A dire maintenus par une force 
suffisante pour interdire r&cllement l’acc&s du littoral de l’ennemi.* Dieser Grundsatz bildet 
heute eine der wichtigsten völkerrechtlichen Normen zum Schutze der Neutralen im Seekrieg. 
Allerdings vermochte die Autorität der Scerechtsdeklaration Verletzungen in einigen Fällen 
nicht zu verhindern. 
II. Die Blokade ist bezüglich ihres rechtlichen Charakters als eine 
Kriegshandlung aufzufassen, deren Titel inder Kriegsnotwendigkeit liegt). 
Die Versuche einer anderweiten juristischen Erklärung erblicken den rechtlichen 
Grund der Blokade in der Eroberung des betreffenden Meeresteils ?); allein 
die Voraussetzung der Eroberung trifft in derlei Fällen nicht zu, da die 
Batterien des blokierten Hafens die Besitznahme und sohin die Beherrschung 
des Gewässers in jedem Augenblick verhindern können. Die Berufung auf 
die Besitznahme des Meeres auf Kanonenschußweite im Umkreise des Schiffes 
ist im Hinblick auf das heute anerkannte Prinzip der Meeresfreiheit ausge- 
schlossen. 
III. Objekte der Blokade sind feindliche Häfen (Kriegs- oder Handels- 
häfen, befestigte oder nichtbefestigte Häfen), die feindliche Küste in ihrer ganzen 
Ausdehnung oder Teile davon, Flußmündungen, wenn der Fluß lediglich feind- 
liches Gebiet oder in seinem nicht schiffbaren Teil neutrales Gebiet durch- 
strömt, Meerengen, welche die Verbindung mit einem Eigentumsmeer bilden. 
Die Blokierung der Mündung eines internationalen Stromes kann die Ver- 
letzung der Handelsinteressen neutraler Adjazenten zur Folge haben; es wird 
daher der Grundsatz aufgestellt, daß die Blokade solcher Ströme ausgeschlossen 
ist. Eine vermittelnde Meinung geht dahin, daß die Blokade der dem Feinde 
gehörenden Flußmündung zulässig sei, den neutralen Adjazenten aber die 
Ein- und Ausfahrt gestattet werden soll. — Ausnahmsweise kann eine Kriegs- 
  
  
1) Englische Ordre vom 16. Mai 1906, dureh welche alle Häfen, Küsten und Flüsse von 
der Elbe bis Brest für blokiert erklärt wurden; die von Napoleon durch Dekret vom 21. No- 
venber 1906 verhängte Kontinentalsperre. 
2) So Cauchy, Droit marit. intern. II p. 197 sq.; (sessner, Droit des neutres p. 
165 sq.; Bluntschli, Völkerrecht $ 827; F. v. Martens II S. 525, 529: Rivier, Principes 
II p. 259; Despagnet, Cours p. 619, 620. 8. neuestens im ganzen Pohl. Z, XVII, 1 f. — 
Vgl. auch Fauchillel. ce. p. 16 sq. 
3) So Hautefeuille, Des droits et des devoirs des nations neutres I p. 189 sq.; Ör- 
tolan, Regles internationales etc, II p. 329 sq.
	        
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