Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

498 Achtes Buch. Die intern. Streitigkeiten u. deren Erledigung etc. & 153. 
  
recht geregelten Fälle, ferner die Waffenniederlagen und überhaupt jede 
Art von Kriegsvorräten, selbst wenn sie Privatpersonen gehören, mit Be- 
schlag zu belegen. Die Beschlagnahme erfolgt hier wegen der Freiheit 
des Privateigentums nicht zum Zweck der Aneignung, sondern lediglich zum 
eigenen Gebrauch; es muß daher beim Friedensschluß (soweit dies möglich 
ist) Restitution und Entschädigung erfolgen.!) Das aus dem Gebiet 
eines neutralen Staats herrührende Eisenbahnmaterial (ohne Unterschied 
von Staats- oder Privatbahnen) darf nur aus dem Titel der Kriegsnotwendig- 
keit angefordert und benutzt werden; es muß möglichst bald restituiert und 
Entschädigung nach Verhältnis des benutzten Materials und der Dauer der 
Benutzung geleistet werden (Art. 19 des Abk. V 1907 betr. die Rechte und 
Pflichten der Neutralen im Landkrieg). — Die unterseeischen Kabel, die ein 
besetztes Gebiet mit einem neutralen Gebiet verbinden, dürfen nur im Falle 
unbedingter Notwendigkeit mit Beschlag belegt oder zerstört werden. Beim 
Friedensschluß muß Restitution und Entschädigung erfolgen (Art. 34). Indem 
das heutige Kriegsrecht für die Inanspruchnahme des öffentlichen und Privat- 
vermögens seitens des Okkupanten nur den Titel der Kriegsnotwendigkeit 
gelten läßt, ist jeder lediglich zu Bereicherungszwecken erfolgende Eingriff, 
das Beutemachen, als ausgeschlossen anzusehen. Dasselbe gilt von der 
Plünderung als grundloser Schädigung fremden Vermögens (Art. 47). Ver- 
letzungen des Vermögens, begangen von Kombattanten oder Zivilpersonen, sind 
daher Gegenstand kriegsrechtlicher Bestrafung. 
Eine eigenartige Inanspruchnahme des Privatvermögens sind die Requi- 
sitionen und Kontributionen2), von denen aus Gründen der Kriegsnot- 
wendigkeit auch heute Gebrauch gemacht werden kann. Die Beschränkung 
auf die Kriegsnotwendigkeit und der Grundsatz der Unverletzlichkeit des 
Privateigentums bestimmen den rechtlichen Charakter dieser Maßregeln. In- 
folgedessen sind Requisitionen (d. i. die Anordnung und event. Erzwingung 
der Lieferung von Lebensmitteln, Kleidungsstücken usw., der Beistellung von 
Fuhrwerk) derzeit nicht mehr Akte des Beutemachens, sondern unter den 
Gesichtspunkt der Zwangsenteignung zu subsumieren, es ist daher der von 
der Maßregel Betroffene zu entschädigen bezw. ihm durch Ausstellung einer 
Bescheinigung (bon) die eventuelle Entschädigung zu sichern.?) Mit dem 
Streben, das Requirieren als eine rechtlich geregelte Maßregel in Anwendung 
zu bringen, hängen gewisse Kautelen zur Verhütung rechtswidriger Eingriffe 
in das Privatvermögen zusammen — so die landesgesetzliche Vorschrift, daß 
die Requisition nur von höheren militärischen Organen angeordnet werden 
  
sie Privateigentum sind; sie sollen der eventuellen Verwendung seitens des Gegners entzogen 
werden. 
1) Vgl. v. Stein, R. XVII p, 332sq. und Annuaire VIIlp. 179sq. Dazu Moynier, 
Annuaire VIII p. 223 sq. 
2) Vgl. Lueder, HH IV S. 500 £f.; F. v. Martens II S. 515 ff.; Keller, Requisition 
und Kontrib. (1898); Thomas, Des requis. mil. (1884); Pont, Les r&quis. mil. etc. (1905). — 
HKR Art. 49—52; dazu A. Zorn 213 ff.; Meurer, HFK U, 270 £f. 
3) Die Requisitionen müssen solcher Art sein, daß sie nicht für die Bevölkerung die 
Pflicht enthalten, an den Kriegsunternehmungen gegen ihr Vaterland teilzunchmen (Art.52 Abs.1).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.