8 184. Fortsetzung. Die Verwaltung des Landes durch den Okkupanten. 499
darf und dem Vollzug der Maßregel Organe der einheimischen Zivilbehörden
beiwohnen sollen. Die Rücksicht auf die ökonomische Leistungsfähigkeit des
Landes bezw. des Gebietsteils, in welchem die Maßregel angewendet wird, ist
eigentlich schon durch die Natur der Sache geboten. Den heutigen An-
schauungen entspricht es aber, diese Rücksicht zum Zwecke der Verhütung
willkürlichen Vorgehens durch einen allgemein verbindlichen Rechtssatz ein-
zuschärfen (Art. 52. — Kontributionen sind Auflagen von Geldsummen
an lokale Verbände des okkupierten Landes durch die okkupierende Kriegs-
macht. Früher, als eine Art des Beutemachens und der Plünderung (auch als
Loskauf von der Plünderung) allgemein üblich, ist diese Inanspruchnahme der
Geldmittel der Angehörigen des okkupierten Gebiets heute nurmehr auf Grund
einzelner im Kriegsrecht anerkannter Titel zulässig. Nach der Brüsseler
Deklaration sollten Kontributionen nur zulässig sein als Äquivalent für Natural-
leistungen, oder für zu entrichtende Steuern, oder als Strafen. Das HKR
Art. 49 knüpft an Art. 48 an, dem zufolge der Okkupant die nach dem Landes-
recht erhobenen Steuern usw. zur Deckung der Verwaltungskosten zu ver-
wenden hat. Die mit dem Kriege gegebene Steigerung des Bedarfs an Bar-
mitteln nötigt jedoch vielfach zur Erhebung außerordentlicher Steuern,
sowohl zur Deckung der Verwaltungskosten wie auch der Bedürf-
nisse des Heeres.!) Für diese zwei Zwecke darf der Okkupant außer den in
Art. 48 bezeichneten (ordentlichen) Abgaben andere Auflagen in Geld erheben.
Außerdem sind Strafauflagen zulässig (Art. 50), die nicht den Charakter
von eigentlichen Strafen, sondern den von Kriegsrepressalien gegen feindliches
Verhalten der Bevölkerung des okkupierten Gebietes an sich tragen. Diese
Strafauflagen dürfen aber über eine ganze Bevölkerung wegen Handlungen
einzelner, für welche die Bevölkerung nicht als mitverantwortlich angesehen
werden kann, nicht verhängt werden. — Art. 51 schafft Garantien gegen
willkürliches Vorgehen bei Ausschreibung von Kontributionen.?)
$ 184. Fortsetzung. Die Verwaltung des Landes durch den Okku-
panten. I. Die Okkupation ändert nichts an der bestehenden Staatsordnung
und deren rechtlichen Grundlagen; daher bleiben in der Hauptsache die sach-
lichen und persönlichen Mittel der Staatsverwaltung unberührt. Der Okku-
pant besorgt die Verwaltung durch die Beamten des okkupierten Gebietes.
Das eigene Interesse des Okkupanten und seine heute anerkannte Pflicht
gegenüber dem okkupierten Lande und dessen Bewohnern gebieten jedoch unter
Umständen, die einheimischen (Staats- und Kommunal-)Beamten durch seine
eigenen zu ersetzen. Die leitenden Regierungsstellen wird der Okkupant
regelmäßig eigenen Funktionären übertragen; ein Zwang zum Verbleiben im
Amte ist also hier ausgeschlossen. Im Interesse der Rechtsuchenden liegt es,
daß die Ausübung der Zivil-, Straf- und Verwaltungsgerichtsbarkeit nach wie
1) Der letztere Zweck bringt die Kontribution in Verbindung mit den Requisitionen
(Ersatzkontributionen).
2) Schriftlicher Befehl und Verantwortlichkeit eines selbständig kommandierenden
Generals; die Erhebung soll möglichst nach Maßgabe des materiellen und formellen Steuer-
rechts erfolgen: den Leistungspflichtigen ist eine Bescheinigung zu erteilen.
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