Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

& 185. Verhandlungen unter den Kriegführenden. Kriegsverträge. 501 
  
  
okkupierenden Kriegsgewalt. Analoge Gesichtspunkte kommen für den Tele- 
graphen- und Telephonverkehr, sowie für die unterseeischen Kabel in Betracht, 
1I. Die mit der Okkupation verknüpften Rechte und Pflichten sind an die 
Voraussetzung gebunden, daß die Okkupation eine effektive ist; sie ist es 
schon dann, wenn der Okkupant mit den ihm zur Verfügung stehenden Macht- 
mitteln die Herrschaft im Lande zu behaupten in der Lage ist; es ist daher 
nicht erforderlich, daß jeder Punkt des Okkupationsgebietes gleichmäßig von 
Truppen und Zivilorganen besetzt ist. (Vergl. Art. 42.) 
III. Die Wechselfälle des Krieges können den Zustand der Okkupation 
beseitigen!). Damit tritt der frühere Zustand ipso jure wieder ein; der recht- 
liche Träger der Staatsgewalt ist wieder in der Lage, sein Herschaftsrecht 
auszuüben. Die Vorgänge, die an diesen Wandel in der Beherrschung und 
Verwaltung des Landes geknüpft sind, sind durchaus innerstaatlicher Natur 
und bedeuten in der Hauptsache die Beseitigung der von dem Okkupanten 
verfügten Veränderungen und die Wiederkehr der normalen Verhältnisse des 
öffentlichen Lebens. Dagegen bleiben die in den verschiedenen Zweigen der 
Verwaltung und Rechtspflege während der Okkupation vorgenommenen Akte 
in der Regel wirksam. Ebenso bleiben Rechtsgeschäfte gültig, die der Okkupant 
bezüglich des Staatsvermögens abgeschlossen hat, wenn ersichdabei inden Grenzen 
jener Befugnisse gehalten hat, die zweifellos mit seiner faktischen Herrschaft 
über das Land und dessen Rechtsordnung verbunden sind; andernfalls können 
derlei Rechtsgeschäfte als nichtig erklärt werden. 
$ 185. Verhandlungen unter den Kriegführenden. Kriegsver- 
träge?). I. Im weitesten Sinne des Wortes können mit dem Ausdruck Kriegs- 
verträge alle auf den Krieg sich beziehenden Verträge bezeichnet werden 
Im engeren Sinne sind Kriegsverträge jene Verträge, die von den Kriegführenden 
während des Krieges, zumeist von Seite der höchsten oder höheren Befehlshaber 
bezw. durch Parlamentäre abgeschlossen werden. Die Gegenstände der Ver- 
träge sind zumeist solcher Art, daß eine schleunige Erledigung der Sache 
durch die Lage der Verhältnisse geboten erscheint; sie sind daher gewöhnlich 
ohne Ratifikation perfekt und wirksam. Hierher gehören die sog. Kartelle 
über die Behandlung bezw. Auswechselung der Gefangenen, die Neutralität 
gewisser Plätze, die Unterhaltung des Post- und Telegraphenverkehrs, des 
Verkehrs der Parlamentäre, die Unverletzlichkeit gewisser Personen; — ferner 
kommen hier in Betracht die Schutzbriefe (salva guardia, sauvegarde) und 
die Geleitsbriefe (sauf conduit.,. Durch erstere wird Personen (Beamten 
oder Angehörigen neutraler Staaten) oder Sachen (Kirchen, Kunstsammlungen 
  
1) Wie die Okkupation beseitigt worden ist, ist in rechtlicher Beziehung gleichgültig. 
Erfolgte die Verdrängung des Okkupanten durch eine dritte Macht, so kann diese nur beim 
Friedensschlusse mitwirken, sie selbst erlangt keinerlei Herrschaftsrecht. Überdies steht ihr 
gegen den Gebietsstaat ein Anspruch auf Entschädigung bezw. Kostenerstattung zu. 
2) Lueder, HH IV S. 525 ff.; F.v. Martens ILS. 589 ff.; Heffter-Geffcken$ 141 ff.; 
Bluntschli, Völkerrecht 88 674 ff.; Gareis $ 86; v. Liszt $ 40, VII; Rivier, Principes II, 
360 sq.: Phillimore III $$ 111sq.; Holland, Prize Law $$ 32 sq.; derselbe, Warp. 95; 
Oppenheim II, $$ 224 q.; Pillet, 359; Longuet $$ 140, 141.— HERR Art. 35—41; dazu 
A. Zorn 199ff.; Meurer, HFK II, 196 ff.
	        
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