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Kriegführenden innerhalb eines Hafens oder einer Reede sich befinden (Art. 15). — Schiffs-
schäden dürfen nicht zur Verstärkung der Gefechtsstärke ausgebessert werden (Art. 17); eben-
sowenig darf die Gefechtsstärke durch Erneuerung der militärischen Vorräte oder der Ar-
mierung, ferner durch Ergänzung der Besatzung vergrößert werden (Art. 18). Die Einnahme
von Lebensmitteln und Feuerungsmaterial ist in den Grenzen des Art. 19 gestattet; die wie-
derholte Erneuerung dieser Gegenstände in einem Hafen derselben Macht ist erst nach 3 Mo-
naten gestattet (Art. 20).!) — Art. 21 bis 23 gestatten die Einbringung von Prisen in neutrale
Häfen nur wegen Seeuntüchtigkeit, ungünstiger See und wegen Mangels an Feuerungsmaterial.
Zur Verhütung der Zerstörung von Prisen kann deren Verwahrung im Hafen bis zum Erlaß
des Prisenurteils bewilligt werden. — Überschreitung der Aufenthaltsfrist hat die Entwaffnung
des Schiffes und die Festhaltung der Besatzung zur Folge (Art. 24). — Art. 25 verpflichtet
die neutralen Mächte, Verletzungen der vereinbarten Bestimmungen nach Möglichkeit zu ver-
hindern.
$ 192. Stellung der Untertanen der neutralen Staaten. I. Die
Pflicht des Neutralen, die oben bezeichneten Akte der Unterstützung eines
der Kriegführenden zu unterlassen, umfaßt auch die Pflicht, derlei Aktionen,
die von Einzelpersonen (Untertanen oder Fremden) auf seinem Territorium
oder in seinem Seegebiet vorbereitet werden, zu verhindern und die betreffenden
Personen zur Verantwortung zu ziehen. Im übrigen ist bezüglich der
Stellung der Untertanen neutraler Staaten?) davon auszugehen, daß der
friedliche Verkehr, insbesondere der Handelsverkehr mit den beiden Kriegs-
teilen, fortgesetzt werden darf. Die Tatsache des Krieges bildet aber in dop-
pelter Beziehung eine Quelle von Beschränkungen des Verkehrs, einmal in
faktischer Beziehung, insofern der Ausbruch eines Krieges unvermeidliche Wir-
kungen auf den Verkehr überhaupt und bestimmte Arten und Richtungen des
Geschäftsverkehrs insbesondere äußern wird, überdies jeder Kriegführende den
Handel des Gegners zu schädigen sucht, sodann aber auch in rechtlicher Be-
ziehung insofern die schrankenlose Fortsetzung des Verkehrs der Neutralen
Kollisionen der prinzipiell anerkannten Verkehrsfreiheit mit den Interessen der
Kriegführenden herbeiführen müßte. In dieser Richtung bewährt sich das
heutige Neutralitätsrecht in seiner Funktion als Mittel der Beseitigung dieser
Kollisionen, indem es gewisse, durch das Interesse der Kriegführenden gebotene
Beschränkungen des Verkehrs der Neutralen rechtlichen Normen unterzogen
hat. Es sind dies einerseits jene Normen, welche in Fällen einer Blokade
die Voraussetzungen bezeichnen, unter welchen der Verkehr nach bestimmten
Plätzen überhaupt untersagt werden kann, und die Rechte der Kriegführenden
gegenüber Übertretungen des Verbots sowie das Verfahren bei der Geltend-
machung dieser Rechte regeln; anderseits kommen hier die völkerrechtlichen
Normen betreffend die Rechte der Kriegführenden zur Verhinderung der Lie-
ferung und Zufuhr von Kriegskontrebande in Betracht. Soweit die Krieg-
führenden in diesen beiden Gruppen von Fällen bei ihrem Vorgehen gegen
Angehörige eines neutralen Staates sich in den Grenzen der völkerrechtlichen
Grundsätze halten, steht der neutralen Regierung kein Recht zum Schutze
ihrer kontravenierenden Angehörigen zu; die neutrale Regierung kann aber
1 Vorbehalt Deutschlands gegen diesen Artikel.
2) Art. 16 Abk. V definiert als Neutrale Personen „die Angehörigen eines im Kriege
nicht beteiligten Staates.“