Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band III. Völkerrecht. (3)

532 Achtes Buch. Die intern. Streitigkeiten u. deren Erledigung etc. 8 194. 
  
Ausspruche des berühmten Prisenrichters Sir William Scott: The rule respecting contra- 
band, as I have understood it, is that the articles must be taken in delicto, in the actual 
prosecution of the voyage to an enemy port.!) Die Theorie der continuous voyage hatte in 
neuerer Zeit auch in dem Falle „Doelwyk“?) durch Urteil des italienischen Prisengerichts 
vom 8. Dezember 1896 Anwendung gefunden. Die entgegengesetzte, mit der Betonung der 
Freiheit des neutralen Handels zusammenhängende Meinung der Unanwendbarkeit jener Theorie 
vertrat die deutsche Regierung in den erwähnten Fällen der Schiffe „Bundesrat“ usw. Wie 
in der Praxis gehen auch in der Doktrin die Meinungen auseinander. 
Bei dem Mangel einer allgemein verbindlichen Normierung des Begriffes der Kontre- 
bande wird das Prisengericht des Nehmestaats sich bei seiner Entscheidung zunächst auf die 
oben erwähnten partikulären Quellen stützen, und wenn auch diese keinen Anhaltspunkt 
bieten, die Frage im Hinblick auf obige zwei Voraussetzungen der Behandlung eines Gegen- 
standes als Kontrebande in Verbindung mit den Konsequenzen des Prinzips der Freiheit des 
Handels der Neutralen zu lösen haben. 
& 194. Rechstfolgen der Zufuhr von Kontrebande°). Hält man an 
dem materiellen Grunde der Anerkennung des Verbots der Kontrebande fest, so 
ergibt sich, daß die rechtlichen Wirkungen der Übertretung des Verbots sich 
nur an der verbotenen Ware, nicht auch an der unverfänglichen Ladung des 
Schiffes und an dem Schiffe selbst äußern können; es soll dem verletzten Kriegs- 
teil die Möglichkeit geboten sein, die in der Zufuhr von Kontrebande liegende 
Verstärkung der Machtmittel des Gegners zu verhindern. Vereinzelt treten 
in älterer Zeit die Konsequenzen dieses Gedankens hervor, wenn in nationalen 
Gesetzen (französische Ordonnanz von 1584) und Verträgen (z. B. Preußen und 
nordamerikanische Union 1799) nur Wegnahme gegen Entschädigung normiert 
wird. Abgesehen von diesen Fällen wurde seit jeher in Doktrin und Praxis 
die Sanktion jenes Verbots strenger gefaßt; die meisten Verträge und die 
Praxis anerkennen ein Konfiskationsrecht, beschränken es aber auf die 
verbotene Ware. Unter dem Einflusse strafrechtlicher Auffassung der Zufuhr 
verbotener Waren wurde dieses Konfiskationsrecht unter gewissen sub- 
jektiven und objektiven Voraussetzungen auch auf die unverfäng- 
liche Ladung und das Schiff ausgedehnt?) — Bezüglich der Konfiskation der 
verbotenen Ware kann ein milderes Vorgehen in Verträgen stipuliert sein, 
nämlich Konfiskation gegen Ersatz; ebenso wird nach partikulärer Praxis vor- 
gegangen, wenn der Eigentümer der verbotenen Ware keine Kenntnis von 
deren feindlicher Bestimmung hatte. Wegnahme gegen Ersatz erfolgt in der 
Praxis vielfach auch dann, wenn betreffende Gegenstände zu Kriegszwecken 
verwendet werden können5). — Bezüglich der Voraussetzungen der Konfis- 
  
1) Ebenso Holland, Manual of Naval Prize Law $ 72: If the destination of the vesse 
be neutral, then the destination of the goods on board should be considered neutral, not- 
withstanding it may appear from the papers or otherwise that the good themselves have an 
ulterior destination by transshipment overland conveyance, or otherwise. S. auch dessen Les 
devoirs des neutres ets.. R. 1905. 
2) In dem Krieg zwischen Italien und Abessinien wurde das holländische Schiff Doelwyk, 
an dessen Bord Waffen und Munition für Abessynien verladen, aber zunächst nach dem fran- 
zösischen Hafen Djibuti konsigniert waren, von einem italienischen Kreuzer mit Beschlag belegt. 
9) Die zu $ 192 angeführte Literatur. 
4) So spricht z. B. Phillimore, Comment. Ill p. 463 von penalty of contraband. 
5) So die englische Praxis, nach welcher ein Vorkaufsrecht ausgeübt und 10% über
	        
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