12 Erstes Buch. Allgemeine Lehren. 8 16.
Utrecht 1712, ferner daraus, daß in den Verhandlungen dieser Kongresse
in zahlreichen diplomatischen Aktenstücken von der Sicherheit, Ruhe, dem
Frieden und der Freiheit Europas die Rede war. !)
Mit dem mächtigen politischen und kulturellen Fortschritt Preußens und
der notwendigen Zunahme des Einflusses dieses deutschen Gliedstaats auf die
Gestaltung der Angelegenheiten des deutschen Reiches war der Antagonismus
gegenüber der an der Spitze des Reiches stehenden habsburgischen Macht von
selbst gegeben. Die unvermeidliche Rivalität der beiden Mächte führte zu
neuerlichen kriegerischen Konflikten in dieser Periode, an denen die führen-
den Mächte der europäischen Staaten (England und Frankreich) und eine
Reihe anderer Staaten (Spanien, Holland, Bayern, Sachsen) beteiligt waren.
In den der Erledigung dieser Streitfälle gewidmeten Verhandlungen war das
im Utrechter Kongreß gewissermaßen sanktionierte Prinzip des europäischen
Gleichgewichts neuerlich verwertet worden. Es kommen hier vornehmlich
in Betracht die Friedenschlüsse za Aachen 17483), Hubertsburg?) und
Paris 1763.*°)
Ein für die Weiterbildung der Völkergemeinschaft und des Völkerrechts be-
deutsamer Vorgang vollzog sich am Schlusse dieser Periode durch die Anerkennung
der Selbständigkeit der Vereinigten Staaten von Nordamerika in dem Friedens-
vertrag von Versailles 1783. In dem mit diesem Ergebnisse beendigten und den
zahlreichen sonstigen Seekriegen dieser Epoche war infolge des Mangels eines
‚ausgebildeten Neutralitätsrechts die Stellung der unbeteiligten Staaten gegen-
über der uneingeschränkten Willkür der Belligerenten eine durchaus prekäre
geworden. Der Weg der Abhilfe war mit der Natur der solidarischen In-
teressen der Neutralen gegeben. Er brauchte nur mit einer entscheidenden
Tat der an einem wirksamen Rechtsschutz interessierten Mächte beschritten
zu werden. Dies geschah durch die bewaffnete Neutralität des Jahres 1780,
die auf Initiative der Kaiserin Katharina II. von Rußland den Versuch machte,
die Mächte für die Anerkennung einer rationellen Ordnung der Interessen der
Belligerenten nnd Neutralen zu gewinnen und die Grundlagen eines allgemein
anerkannten Seekriegsrechts zu schaffen. Dem gleichen Zwecke einer er-
schöpfenden Normierung des Seekriegsrechts dienen übrigens in derselben Zeit
die Verträge, welche die Nordamerikanische Union in der Zeit von 1778 bis
1785 mit England, Holland, Schweden, Frankreich und Preußen abgeschlossen
hatte, unter denen namentlich der mit Friedrich II. von Preußen abgeschlossene
Vertrag besonders hervorragt.
Das wichtigste Ereignis, mit dem diese Periode abschließt und eine
neue Epoche der Weiterbildung des Völkerrechts beginnt, ist die französische
Revolution.
$ 16. Fortsetzung. VI. Von der französischen Revolution bis zum
Pariser Kongreß des Jahres 1856. Bekanntlich erschöpft sich die Be-
ı) Darauf macht Nys I 27 in zutreffender Weise aufmerksam.
2) Ocsterreich, Preußen, England, Frankreich, Holland, Spanien, Sardinien, Genua.
3) Oesterreich, Preußen, Sachsen.
4) England, Frankreich, Spanien.