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Otto von Bismarck konnte nur sehr wenig Schmisse aufzeigen;
desto mehr hatten seine Gegner. Von 1836 ab war er
Referendar und arbeitete in Aachen und in Potsdam; aber
das gefiel ihm wenig. Als er dann sein Jahr abgedient hatte,
wurde er lieber Gutsbesitzer; sein Vater gab ihm die Güter
Schönhausen und Kniephof, die er dann bewirtschaftete. Aber
auch dies Leben behagte ihm nicht; er fühlte sich nicht wohl,
wenn er nicht etwas Großes ausrichten konnte. Und da die
Leute von anderen Großtaten, die er noch vollführen sollte,
einstweilen noch nichts wußten, so erzählten sie sich von ihm
die tollsten Geschichten, die er im Reiten und — im Wein-
trinken ausgeführt hatte; ja man nannte sein eigenes Gut mit
boshaftem Scherz Kneiphof statt Kniephof; ihn selber aber
nannte man allgemein „den tollen Bismarck“; und der alte
adlige Herr von Puttkamer machte ein sehr ernstes Gesicht,
als der tolle Bismarck sein Töchterchen Johanna zur Frau
begehrte. Aber Johanna von Puttkamer wollte keinen anderen;
sie verstand es in sein Herz zu sehen und merkte, daß solch
ein Herz kaum noch einmal in der Welt existierte; und so
wurde sie am 28. Juli 1847 seine Frau.
Sie hatten drei Kinder, eine Tochter Marie, die den
Grafen Rantzau heiratete, zwei Söhne, Herbert, der nach seines
Vaters Tode Fürst Bismarck heißt, und Wilhelm, der Ober-
präsident von Ostpreußen wurde.
Das erste Amt, das Otto von Bismarck hatte, war das
eines Deichhauptmanns. Die großen Ströme haben nämlich
mitunter die Unart, daß sie alles Land ringsum überschwemmen;
deswegen müssen die Leute, die in ihrer Nähe wohnen, Deiche
aufschütten, damit das Wasser ihnen nicht Saat und Ernte
wegspült. Die Deiche müssen aber sehr sorgfältig nachgesehen
und oftmals ausgebessert werden, weil der Strom immer ver-
sucht, sie zu durchbrechen. Diese Aufsicht führen die Deich-
hauptleute. — Deichhauptmann also war Otto von Bismarck,