Full text: Fürst Bismarcks Lebenswerk.

König Friedrich Wilhelm IV. hatte keinen Sohn; sein 
Erbe war sein ältester Bruder, Prinz Wilhelm, der ja später 
Kaiser Wilhelm I. geworden ist. Damals hatte er den Titel 
Prinz von Preußen; denn „Kronprinz“ wird nur der Sohn 
des Königs genannt. Im Jahre 1857 wurde der König krank; 
der Prinz von Preußen mußte ihm seine Arbeit abnehmen 
und dann von 1858 an die Regierung allein führen. Von 
da an wurde er Prinz-Regent genannt. Der Prinz hatte sich 
nun Zeit seines Lebens besonders mit der Armee beschäftigt 
und wußte ganz genau, was ihr fehlte. Ihn hatte es ganz 
besonders gekränkt, daß Preußen Furcht vor Osterreichs Heer 
gezeigt hatte; er hatte sich schon ausgedacht, wie sich die 
preußische Armee stärker machen ließe. Er wollte sie zur 
stärksten Armee der ganzen Erde machen, und das hat er 
denn auch wirklich fertig bekommen. 
In Preußen war damals, als Napoleon I. Preußen 
besiegt und ganz Deutschland erobert hatte, die allgemeine 
Wehrpflicht eingeführt worden; jeder Preuße muß sich im 
Krieg mitwehren gegen den Feind und muß im Frieden 
lernen, was dazu nötig ist. Darum muß jeder eine Zeitlang 
ganz und gar Soldat sein, mit in den Kasernen (den großen 
Gebäuden, die für die Soldaten gebaut sind) wohnen, den 
ganzen Tag den Soldatenanzug, die Uniform, tragen und 
nichts anderes arbeiten, als Übungen machen, um die Kriegs- 
kunst zu erlernen. Das nennt man „bei der Fahne dienen“, 
weil den Soldaten im Kriege die Fahne vorangetragen wird 
als das Zeichen, bei dem sie sich zusammenfinden. Jedes 
Bataillon, das sind im Kriege grade 1000 Mann, hat seine 
Fahne, und für den Soldaten gibt es keine größere Schande 
als die, seine Fahne feige zu verlassen; für ein Bataillon 
gibt es keine ärgere Schmach, als so besiegt zu werden, daß 
der Feind die Fahne wegnimmt. Die Fahne wird auch bei 
Friedensübungen mitgenommen, aber dann wird das seidene
	        
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