— 35 —
lichen Ministers. Das hat der König von Preußen selber in
der Verfassung so geordnet; da heißt es: „Alle Regierungs-
handlungen des Königs bedürfen zu ihrer Giltigkeit der
Gegenzeichnung eines Ministers.“ Damit hat der König
aber gleich gesagt: „Ich will nie etwas befehlen, für das
nicht wenigstens einer meiner Untertanen die Verantwortung
übernehmen will.“
Darauf rechneten die Abgeordneten, als sie Beschlüsse
faßten, die kein Mensch ausführen konnte. Sie dachten, es
würde sich kein Mensch finden, der dem König aus dieser
Verlegenheit helfen würde; erstens würde kein Mensch wissen,
wie man gegessenes Brot ungegessen machen könnte, und
zweitens, wenn sich ja ein Hexenmeister fände, der das Kunst-
stück fertig brächte, so würde er sich doch fürchten; so würde
er es doch nicht wagen den Abgeordneten ungehorsam zu sein.
Sie hofften, daß alle Minister Furcht haben würden, es
könnte in Preußen so kommen, wie es in Frankreich ge-
kommen war.
Beinahe behielten sie auch Recht, als sie das glaubten.
Die meisten Minister hatten wirklich Furcht; sie dachten, weil
doch überhaupt die Revolution gesiegt hatte, und weil die
Länder, die keine Republiken geworden waren, wenigstens
parlamentarische Regierung bekommen hatten, so würde das
in Preußen schließlich doch auch so kommen; dann würden
wohl immer die Minister entlassen und wohl gar bestraft
werden, zu denen das Abgeordnetenhaus kein Vertrauen mehr
hätte, und da würde es gerade denen am schlechtesten gehen,
die am treuesten zum Könige gehalten hätten.
König Wilhelm war schon fast entschlossen, die Re-
gierung seinem Sohne zu übergeben. Nun hätte zwar König
Friedrich auch ganz gewiß keine parlamentarische Regierung
gelitten; er war auch ein richtiger Hohenzoller und wußte,
daß der König über dem Widerstreit der Interessen stehen
3*