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daß der König von Preußen ein parlamentarischer König
werden soll, daß er wie ein Hampelmann sich nur so bewegen
soll, wie das Abgeordnetenhaus die Strippe zieht, die gebt
nur ganz und gar auf. Damit habt ihr in Preußen niemals
Glück. In Preußen regiert der König und nicht das Parla—
ment; und wenn das Abgeordnetenhaus das ändern will, so
handelt das Abgeordnetenhaus gegen die Verfassung.“
„Aber das ist ja gar nicht möglich; das Abgeordneten-
haus ist doch das Volk; also ist alles recht und gut, was das
Abgeordnetenhaus will.“
„Das ist ein großer Irrtum,“ sagte Bismarck. „Die Ab-
geordneten werden gewählt von Menschen, die mitten im
Widerstreit der Interessen stehen; da ist es Zufall, daß bald
für das eine, bald für das andere Interesse mehr Stimmen
abgegeben werden. Der König aber steht über den Interessen;
also wird der König besser den wahren Willen des Volkes er-
füllen, als die Abgeordneten. Und so ist das gerade jetzt. Die
Abgeordneten wollen, daß die Maschine still steht, weil sie ihren
Willen nicht bekommen; der König sagt, das Wichtigste ist,
daß Preußen weiter lebt. Das erinnert an das Urteil, das
Salomo fällte, als zwei Frauen sich um ein Kind stritten. Er
sagte, wir wollen das Kind entzweischneiden. Damit war die
eine Frau zufrieden, die andere aber sagte: „Nein, das Wichtigste
ist, daß das Kind am Leben bleibt.“ Da sagte Salomo: „Die
zweite, das ist die rechte Mutter.“ Das Abgeordnetenhaus aber
gleicht der unrechten Mutter.“
So begann der große Kampf um die Herrschaft in
Preußen zwischen Krone und Parlament, zwischen König und
Abgeordnetenhaus, der preußische Verfassungskonflikt,
der mit dem glänzenden Siege des Königs und Bismarcks
nach vier Jahren endigte.